Betroffenheit am Inn, Freude an der Salzach

Alois Kothgasser wird neuer Erzbischof von Salzburg. In der Diözese Innsbruck löste die Meldung Betroffenheit aus, in Salzburg herrscht in weiten Kreisen Freude. Samstag, 23. November. Zu Mittag bestätigt Rom, dass der Papst den Rücktritt des Salzburger Erzbischof Georg Eder angenommen hat. Wenige Stunden später tritt das 12-köpfige Salzburger Domkapitel zusammen, um von einem in Österreich einmaligen Sonderrecht Gebrauch zu machen und den neuen Erzbischof aus einem römischen Dreiervorschlag selber zu wählen. Für das Domkapitel ist nach Öffnung des Dreiervorschlags die Sache klar: Nach nur einer halben Stunde hat Alois Korhgasser gewählt. Das Domkapitel informiert den Apostolischen Nuntius Donato Squicciarini in Wien vom Ausgang der Wahl. Squicciarini ruft sofort Bischof Kothgasser an. Der ist gerade vom Bäuerinnentag in Telfs zurückgekehrt. Vom Anruf des Nuntius und der Mitteilung, gewählt worden zu sein, ist Kothgasser nach eigenen Angaben völlig überrascht. Noch am Telefon sagt er aber zu, die Wahl anzunehmen. Sonntag, 24. November. Bischof Alois Kothgasser weiht die Kirche von Innsbruck-Kranebitten ein. Freudig, aber mit einem komischen Gefühl“ wie er später gesteht. Er weiß, dass er nicht mehr lange Bischof von Innsbruck sein wird. Davon lässt er jedoch kein Sterbenswörtchen verlauten. Selbst gegenüber engsten Mitarbeitern schweigt er bis Mittwoch. Montag, 25. November. Kothgasser fährt in die Steiermark. Im Stift Vorau macht er mit anderen österreichischen Bischöfen Exerzitien. Mittlerweile haben Journalisten vom Ausgang der Wahl in Salzburg Wind bekommen. Sie bohren nach. Dienstag, 26. November. An diesem und am folgenden Tag melden Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen den bevorstehenden Wechsel Kothgassers nach Salzburg. In der Diözese Innsbruck macht sich Betroffenheit breit. Selbst der Stellvertreter des Bischofs, Generalvikar Ernst Jäger, reagiert geschockt: „Wir verlieren einen sehr dialogfähigen Bischof, und das bereits nach fünf Jahren .“ In Salzburg hingegen werden die Meldungen meist freudig aufgenommen. Mittwoch, 27. November. Zu Mittag kommt aus Rom die offizielle Bestätigung: Alois Kothgasser ist neuer Erzbischof von Salzburg. Unmittelbar danach meldet sich Kothgasser von den Exerzitien in Vorau mit einer „Grußbotschaft an die Diözesen Innsbruck und Salzburg“ zu Wort {siehe Seite dieser KIRCHE-Ausgabe). Ansonsten will er in den Exerzitien aber nicht gestört werden. Freitag, 29. November. Kothgasser gibt zu Mittag nach Anschluss der Exerzitien noch in Vorau eine Pressekonferenz. Zu seiner Ernennung sagt er: „Wahl und Ernennung zum Salzburger Erzbischof waren für mich überraschend. Als Ordenschrist habe ich aber gelernt, in solchen Fügungen den Willen Gottes zu erkennen und anzunehmen. Ich gehe aber nicht leichten Herzens von Innsbruck.“ Zurückgekehrt aus der Steiermark steht Kothgasser um 21 Uhr auf dem Innsbrucker Flughafen Tiroler Journalisten Rede und Antwort. Montag, 2. Dezember. Mit seinem Vorgänger Erzbischof Eder vereinbart Kothgasser, dass er am 19. Jänner 2003 sein Amt in Salzburg antreten wird. Beide geben in Salzburg eine Pressekonferenz.

Pfarrer Helmut Gatterer, der geschäftsführende Vorsitzende des Priesterrates der Diözese Innsbruck, fürchtet nicht, dass der zu bestellende neue Bischof von Innsbruck betont konservativ sein werde. Gatterer hofft, „dass wir einen Bischof bekommen, der auf die Menschen zugeht und sie ernst nimmt – eine Mischung aus Stecher und Kothgasser Und: „Ich vertraue darauf, dass der neue Nuntius, Erzbischof Georg Zur, zuerst einmal in die Diözese hineinhört, bevor er seine Vorschläge nach Rom gibt.

ZUR SACHE

Nach dem ersten Schock über die Berufung von Alois Kothgasser nach Salzburg gehen bereits die Spekulationen los, wer wohl neuer Bischof von Innsbruck wird. Klar ist: Der Papst wird ihn frei ernennen. Seriöse Aussagen darüber, wer es sein und wann die Ernennung erfolgen wird, sind derzeit nicht möglich. Bischof Alois Kothgasser hat versprochen: „Ich werde mich nach Kräften um einen Nachfolger bemühen, der dem Profil des II. Vatikanischen Konzils entspricht.“ Und er hat auch angedeutet, dass er durchaus auch bereits persönliche Wunschkandidaten im Kopf habe. Zu erwarten ist, dass der neue Nuntius in Österreich, Erzbischof Georg Zur, in der Nachfolge-Frage ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Zur tritt am 12. Dezember in Wien sein Amt an. Ihm wird Erzbischof Kothgasser einen von Dreiervorschlag übermitteln. Völlig unklar ist derzeit, wie lange das Ernennungsverfahren dauern wird. Ebenso ungewiss ist, ob Priester und Laien in der Diözese noch zu möglichen Wunschkandidaten befragt werden. Kothgasser hatte bis Redaktionsschluss dieser KIRCHEN Ausgabe (3. Dezember) noch nicht das Dekret seiner Ernennung zum Erzbischof von Salzburg in Händen. In diesem Dekret dürfte die Übergangsregelung für die Leitung der Diözese Innsbruck enthalten sein. Sollte sich das Auswahlverfahren für den Nachfolger in Innsbruck aber länger als bis 19. Jänner 2003 hinziehen, will Kothgasser die interimsmäßige Leitung der Diözese Innsbruck auf alle Fälle an einen sog. Administrator abgeben. Dieser Administrator kann, wenn von Rom nicht anders vorgesehen, vom diözesanen Bischofsrat gewählt werden.

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen

Quelle: Kirche

Orginaldokument: Betroffenheit am Inn, Freude an der Salzach