Weltrückblick 1988

Das Jahr 1988 wird vielleicht später eirmal als das Jahr der sich anbahnenden Friedensvereinbarungen genannt werden. Nach Jahrzehnten des kalten Krieges, nach fast einem halben Jahrhundert der Gegensätze zwischen Ost und West, der Interessen­gebiete von Marx gegen die offene Marktwirtschaft, der Aufhetzungen von radikal gegen liberal, scheint sich nun ein ernstes Annähern der politischen Gegenpole, vor allem auf Initiative des sowjetischen Partei- und Regierungschefs Michail Gorbatschow, anzubahnen. Für viele Menschen in Ost und West erfüllt sich die Hoffnung auf Frieden.

Nach neun Jahren „Intervention“ verlassen die sowjetischen Truppen Aghanistan. Im Golfkrieg Irak gegen Iran schweigen nach acht Jahren die Waffen. Der Konflikt zwischen Angola und Namibia findet eine friedliche Lösung. Michail Gorbatschow, der die Umgestaltung der Sowjetunion stark vorantreibt und die Schlagworte Perestrojka und Glasnost auf seine Fahnen geschrieben hat, überrascht den Westen mit immer neuen Abrüstungsvorschlägen.

Der Präsident der USA, George Bush, vollzieht mit einer Annäherung an die  PLO (Palästinenserbewegung) eine Wende in der Nahostpolitik.
Ein Vertrag über der Abbau der Mittelstrecken-Atomwaffen in Europa im Dezember 1987 wird allgemein als Markstein der Entspannung gewürdigt.

Nachdem eine internationale Historikerkommission die Kriegsvergangenheit des österreichischen Bundespräsidenten entkriminalisiert hat, bleibt Waldheim entschlossen im Amt. “Vor Verleumdung und gehässigen Demonstrationen und Pauschalverurteilung darf ein Staatsoberhaupt nicht weichen“, sagt Waldheim im Februar. Die Historikerkommission hat ihm als „Mitwisser“ von „Unrechthandlungen mangelnden Mut“ ausgesprochen.

Mit einer Reihe von offiziellen Gedenkveranstaltungen erinnert sich Österreich an den „Anschluß“ des Landes an Hitler-Deutschland, der sich heuer zum 50. Mal (13.März 1938) jährt. Staatliche Stellen, Landesstellen, Bundesheer, Gemeinden und Schulen und andere offizielle Institutionen veranstalten Gedenkstunden. Christliche und jüdische Gemein­schaften rücken näher zusammen und errichten Gedenktafeln. Währenddessen sind über 130 Staaten in der Welt daran, Menschenrechte mit niedrigsten Motiven und grausamsten Methoden niederzutreten (Amnesty International). So in Südamerika, in Ostasien, in Nord- und Südafrika und im Nahen Osten.

Fast unbemerkt und doch nicht überhörbar meldet sich der Islam zu Wort. Viele politische Aktionen der Aggressivität und Intoleranz gegen Andersgläubige sind aus mehreren islamischen Ländern bemerkbar, so Iran, Irak, Libanon, Syrien und der Türkei.

In Ungarn zeichnet sich langsam die Durchsetzung einer Politik der Reformer ab.
Nach Janos Kadar wird der Befürworter einer Politik wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Reformen, Karoly Grosz, Regierungschef. Diese Wendung zum liberaleren Kurs ist Voraussetzung dafür, daß im nächsten Jahr die Grenze zwischen Ostblock und Westen, also zwischen Ungarn und Österreich, geöffnet wird und dadurch eine unvermutet große Umgestaltung des Ost-Westverhältnisses zustande koomen konnte.

Alles in allem kann das Jahr 1988 als Vorbereitungsjahr für ein gänzlich neues Europa als „Haus Europa“, wie es Michail Gorbatschow bezeichnete, gesehen werden.

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Quelle: Gemeinde Obsteig

Orginaldokument: Weltrückblick 1988