Der Löwenwirt Teil 1 und 2

Der Löwenwirt Teil 1:

Das aktuelle Geschehen gibt uns Anlass, uns mit der Geschichte des Löwenwirtes vertraut zu machen.  Es gibt in unserem Land einige traditionsreiche Gasthäuser, was uns nicht wundert, wenn wir bedenken, dass Tirol immer schon ein Durchzugsland war. Zu den ältesten von ihnen zählt sicher der Löwenwirt in Obsteig und der lebte seit jeher in erster Linie vom Transit.

Zahlreiche Italienzüge deutscher Könige und Kaiser führten über den Brenner oder den Reschenpass. Kaiser Lothar III. z.B. benützte im Jahr 1137 die Mötzer Brücke, als er von Italien zurück in den Norden ziehen wollte. Er kam auf seinem Weg durch Obsteig und war wahrscheinlich dabei schon krank. Er starb dann auch auf seiner  Reise in Breitenwang in einer ärmlichen Hütte. Die Königsgasse in Mötz und der früher an der Innbrücke gestandene Gasthof „Römisch-Deutscher Kaiser“ erinnern noch heute an ihn. Es wäre interessant zu wissen, ob die beiden Flurnamen „Fieberbach“ und „Kaisers Grab“ im weiteren Sinn auch mit Lothar III. zusammen hängen. Nicht ganz auszuschließen ist, dass schon dieser Kaiser in Obsteig einen Gasthof vorgefunden hat. Die Ursprünge des Löwenwirtes liegen für uns tatsächlich noch immer im Dunkeln.

Die erste schriftliche Nachricht gibt uns das Urbar (Steuerverzeichnis) des Grafen Meinhard II. von Tirol aus dem Jahre 1288. Wer dem Gasthaus den Namen „Löwenwirt“ gegeben hat, ist hier nebensächlich. Zur Zeit Meinhards II. und noch viele Jahre danach hieß er „daz Nivenstift“ oder „Niwenstift“, später einfach nur mehr „Stifthof“ oder „Stift“. Von ihm kommen die Flurnamen „Stifter“, „Stifterbrunnnen“, „Stiftergasse – Stifterbichl“. Der Chronist weiß allerdings bis heute nicht, woher dieser Name „Nivenstift“ kommt.

Der Stifthof hatte reichen Grundbesitz und der Wirt war ein vermögender und angesehener Mann. Zum Hof gehörten auch eine Schmiede, ein Badhaus und ein Schießstand, dessen Reste man auf einem Flugbild aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch sieht. Die Schmiede wurde um 1790 verkauft, kam an die Familien Schatz und dann Klieber und gehört heute schon in der dritten Generation der Familie Malaun.

Von den Personen, die den Stifthof führten, begegnet uns als erster im Jahr 1312 „Eberhard der Niustifter“ und es folgen in den nächsten Jahrzehnten noch mehrere Erwähnungen des Hofes, den z. B. im Jahr 1336 ein Conrad und darauf dessen Sohn Heinrich bewirtschafteten. 1466 bekommt Jörg aus Dormitz das Gut, er nennt sich daher in der Folge „Jörg, der Stifter“. Im Jahr 1477 gab es eine Bauverhandlung. Die Wirtsleute vom Stift, Konrad Schwartz, Pader zu Stift, und seine Frau Margarethe suchten mit Unterstützung ihrer Nachbarn (Oswald von Neydeck usw.) um eine Baubewilligung zum Bau einer Hofstatt und eines Hauses unweit des Pichlerhofes an, was ihnen der Pfleger im Gericht St. Petersberg bewilligte.

Damals entstand das bekannte Schwarzpadersgut in der Oberstrass, das heute zu lokalisieren sehr schwer ist. Es heißt in der Urkunde des Pflegers „dem Conrad schwartz pader margrettn seiner hausfrau und alln paider erbn die obvermeldt hofstatt und garttn ausstecken han lassen auf dem pühel zu Neydegk bey der straßs gelegn … „. Wofür der Wirt in der Oberstrass ein Haus errrichtete, wer weiß es? Dass der Stifthof ein besuchter Gasthof war, bezeugt ein Reisebericht in der Zeit des Überganges vom Mittelalter zur Neuzeit (also um 1500), den ich einmal gelesen habe.

Ein Reisender aus Deutschland in Richtung Süden machte in Obsteig Rast. Er erzählt, im Wirtshaus vergnügten sich so viele grobschlächtige Bergknappen und randalierten derart, dass dem Übernachter gar nicht wohl in seiner Haut war.

Der Löwenwirt Teil 2:

Im Jahr 1627 begegnet uns als Wirt im Stifthof Thomas Gassler. Er war ein sehr vermögender Mann und verstand gut zu wirtschaften. Im Laufe seines Lebens starben ihm zwei Frauen weg: die Anna und noch eine Anna. Die dritte Frau hieß dann Margaretha. Zu seinem und seiner Familie Seelenheil  und, wie er extra betonte, weil er sehr vermögend war stiftete er im Jahre 1632 eine jährliche Messe in der Pfarrkirche zu Untermieming und zahlte dafür „aus eigenem Vermigen … ainhundert Gulden, jedes derselben per sechzig Kreizer … tyrolischer Lanntswerung“. Eine Kuh kostete damals etwa fünfzehn Gulden.

Nachdem 1675 Johannes Mader auf das Gut kam, blieben für gut 150 Jahre wieder einige Generationen der gleichen Familie auf dem Hof. Herausragend war Jakob Mader, der sich neben Isidor Gassler (Postmeisterhaus) und drei anderen Männern sehr für den Bau unserer Kirche einsetzte. Er stellte dafür sogar seinen eigenen Grund auf dem Labbichl (der eigentlich dem Stift Stams gehörte und den er nur zur Pacht hatte) zur Verfügung. Der  Prozess  um  den Grund und die Kirche dauerte dann auch lange. 1831 war die Zeit der Mader auf dem Löwenwirt vorbei und die Schönherr nahmen ihn in Besitz, deren Nachfahre der berühmte Tiroler Schriftsteller Karl Schönherr war.

In den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts übernahmen die Geschwister Föger aus Finsterfiecht den Betrieb, doch nicht lange danach brach im Haus eine schwere Krankheit aus, die Folgen hatte. Der Löwenwirt war eben für Obsteig vieles in einem. Er war Station für den Pferdewechsel, war Platz für Übernachtungen, war Rast für Reisende und Wandernde und war auch der Platz für die Post. Hierher wurden Nachrichten für die Obsteiger gesandt, hier konnte der Obsteiger Nachrichten nach außen aufgeben, hier blieb die Reisekutsche stehen, hier tauschte man Neuigkeiten aus. Doch plötzlich mied man das Gebäude wegen der ansteckenden Krankheit. Die Föger verließen das Haus. Die einen bauten den Grantenstingl („Bloacher“) aus, und Ingenuin Föger heiratete die Tochter Agnes des legendären Lehrers und Mesners Franz Gaßler, der 64 Jahre im Amt war. Er übernahm die Poststelle, die schon seit 1.6.1871 im „Postmeisterhaus“, dem Elternhaus seiner Braut und ehemaligen Freilehen zu Schneggenhausen untergebracht worden war.

Am 27. September 1892 brannte das Gasthaus „Löwenwirt“ bis auf die Grundmauern nieder und wurde bald wieder aufgebaut. Josef Telfner aus Natters führte mit seiner Frau Agnes (aus Amras) die Wirtschaft weiter. Als der Gasthof in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts verkauft worden war, wurde er leider niedergerissen und hinterlässt heute eine schmerzliche leere Stelle im Dorfbild der Unterstrass. Man wird die bauliche Harmonie des Weilers wohl nie mehr so herstellen könnnen, wie sie einmal war.

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Quelle: Nuis Schmälz

Orginaldokument: Der Löwenwirt Teil 1 und 2