Gschwent: Hl. Maria

Wie die Kapelle in der Oberstraß zählt auch die in Gschwent zu den Kleinoden der Tiroler Kapellenlandschaft. Sie steht mitten im Weiler direkt am Weg und ist auf drei Seiten von Büschen und Bäumen umgeben.

Ihre jetzige Gestalt bekam sie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die mit den Maßen 8,90 x 3,20 sehr geräumige Kapelle mit 3/8 – Abschluss trägt ein Satteldach mit einem Dachreiter, in dem eine Glocke hängt. Sechs Rundbogenfenster (1,14 m) an den Seiten und ein Rundfenster über dem Eingang bringen Licht in den Betraum. Der Chor ist mit einem Triumphbogen auf Lisenen mit Kapitellen vom Langhaus abgetrennt, das Langhaus ist zweijochig mit Stichkappengewölbe.

Der dunkel gehaltene Renaissancealtar trägt kannelierte Säulen mit jonischen Kapitellen, er ist 3,60 x 1,80 m groß und zeigt im Altarblatt ( 130 x 95 cm) Maria mit Kind, daneben Sebastian und Rochus.

Das Blatt ist signiert von „Edmund Henig, 1742, Ymbst“. Somit ist das Bild jünger als die Altartischlerei.

Sebastian lebte der Heiligenlegende nach in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts. Er war aus Mailand gebürtig und war Offizier in der kaiserlichen Garde. Bei einer Christenverfolgung ist er auf Befehl des Kaisers Diokletian mit Pfeilen erschossen worden, doch durch die Hilfe einer frommen Frau (Irene) wieder genesen. Danach sei er mit großem Freimut wieder vor dem Kaiser aufgetreten, worauf man ihn mit Keulen erschlug. Meistens wird er dargestellt als entblößter junger Mann, an einen Baum gebunden und von vielen Pfeilen durchbohrt. Neben Rochus gilt er auch als Pestpatron, daneben als Patron der Schützengilden, Soldaten, Eisenhändler und Gärtner. Sein Fest ist am 20. Jänner.

Die Legende von Rochus – siehe Kapelle Aschland.

Den Altaraufsatz bildet eine geteilte Wappenkartusche mit dem Brixener Lamm, dem Zisterzienserwappen und einem Löwen. Daneben zwei Gebälksengel (um 1630).

Eine Besonderheit der Gschwenter Kapelle ist das Predellagemälde (100 x 23 cm), das leider nicht signiert ist. Es stellt in ausdrucksvoller Form den Kindermord zu Bethlehem dar.

„Als Herodes sah, dass er von den Magiern hintergangen war, wurde er sehr zornig, schickte hin und ließ in Bethlehem und in seiner ganzen Umgebung alle Knaben von zwei Jahren und darunter ermorden, entsprechend der Zeit, die er von den Magiern genau erfragt hatte. Da erfüllte sich, was gesagt ist durch den Propheten Jeremias : Eine Stimme ward gehört zu Rama, viel Weinen und Klagen; Rache! beweint ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen, da sie nicht mehr sind.“ (Matth. 2/ 16-18). Das Fest der unschuldigen Kinder wird am 28. Dezember begangen.

Auf dem Altartisch stehen eine  Kreuzigungsgruppe aus der Zeit Ende des 17. Jahrhunderts
(70 x 39 cm) und zwei versilberte Leuchter (47 cm). An der rechten Wand hängt ein schönes altes Kreuz, dessen Korpus 32 cm misst.

Eine volkskundliche Seltenheit stellen die Gschwenter Kreuzwegstationen dar.  Anstelle der üblichen Aufzählung der 14 Geschehnisse schildern sie in markigen Versen, was Jesus erdulden musste und führen dies den Sündern eindringlich zu Herzen. Hier die Verse wörtlich :

  1. Station : Das Tottes urtheil gott gedult, das u o Sinder hast vershuldt
  2. Station : gott nimbt auß Lieb das kreiz auf sich Und Zahlt o Mensh die shuldt fir dich
  3. Station: Jesus Zur erd mit dem Kreiz falt, so hart druckht Ihn der Sinden gwalt
  4. Station : Maria sagt tragst shwer mein Sohn, soll das dan sein dein Liebes Lohn
  5. Station: Simon das Kreiz mit Jesu tragt, Zum spott der sich im Kreiz beclagt
  6. Station: Sich Sinder das Ist Jene gstalt, die du so shmerzhaft hast gemahlt
  7. Station: Zum Zweiten Mahl kombt got Zum Fall, durch widerholte Sinden Zahl
  8. Station : Weint iber eich nit ober mich weill ihr die Shuld habt Und nit ich
  9. Station : das drite mahl falt gott Zur erd, Söcht wie die sindt sein Leidt Vermehrt
  10. Station: Jesus entblöst mit gall getrenckht, sie Shulden Zöch dem Binder shenckht
  11. Station : Die Kreizes nögl fiehr zu herz, das dir heill bringe Jesu shmerz
  12. Station: Gott shmerzhafft stirbt am Kreiz dahin das ebig löb die Seel durch ihn
  13. Station: Jesus Verlast den Kreizes Thron, und nimbt den Sinder auf Zum lohn
  14. Station: der Wög get auß Gott ligt im Grab, Jetzt Sinder dein Vergniegen hab

 

Die Gschwenter Kapelle wurde vor ca. vierzig Jahren von Grund auf renoviert, ist also in einem guten Zustand.

 

 

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Quelle: Gemeinde Obsteig

Orginaldokument: Gschwent: Hl. Maria