Vorstoß auf Grosny – Präsident will Widerstand leisten
MOSKAU (TT, APA, dpa, Reuter). Russische Truppen sind rund drei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung von Tschetschenien am Sonntag in die abtrünnige Kaukasusrepublik einfuarschiert. Die von schweren Panzern, Kampfbubschraubern und Flugzeugen unterstützten Streitkräfte stießen von drei Seiten auf die Hauptstadt Grosny zu. Es gab bereits die ersten Kämpfe. Der tschetschenische Präsident Dschochar Dudajew kündigte an: ,, Wir werden uns verteidigen.“
Der Moskauer Regierungssprecher ·walentin Sergejew teilte mit, die Truppen stießen aus Dagestan im Osten, Inguschetien im Westen und Nordossetien im N0rdwesten auf Grosny vor. Sie würden vor der 400.000 Einwohner zählenden Hauptstadt haltmachen, damit es Verhandlungen mit der dortigen Regierung geben könne.
Indes zitierte ein privater Rundfunksender in Moskau Inguschetiens Präsidenten Ruslan Auschew mit den Worten, seine Landsleute leisteten den durchfahrenden Russen Widerstand. Es habe Opfer gegeben. Die lnguschen und Tschetschenen sind ethnisch verwandt. Nach Agenturberichten gab es fünf Tote und mindestens zehn Verletzte.
Ein Agentur-Korrespondent zählte in der tschetschenischen Stadt Snamenskoje rund 200 durchrollende Fahrzeuge, darunter Panzer. Bewohner hätten berichtet, daß eine ähnlich große Kolonne anderthalb Stunden zuvor die Stadt passiert hab?. Snamenskoje ist das Hauptquartier der Opposition in Tschetschenien. Ihr Provisorischer Rat unter Umar Awturchanow ist pro-russisch eingestellt und bekämpft Dudajew, der l991 die Unabhängigkeit ausgerufen hatte.
In der Stadt Grosny waren zunächst kaum Anzeichen militärischer Aktivitäten zu sehen. Auf dem Freiheitsplatz vor Dudajews Amtssitz versammelten sich 1. 500 bis 2000 Menschen. Redner hielten dort anti-russische Ansprachen. Dudajew warf der Regierung in Moskau vor, die für Montag geplanten Friedensgespräche untergraben zu wollen.
Die russische Regierung hatte am Samstag die Grenze zu Tschetschenien geschlossen. Am Freitag hatte Präsident Boris Jelzin angeordnet, die „illegalen Gruppen“ in der abtrünnigen Kaukasusrepublik ,,mit allen Mitteln“ zu entwaffnen. Nach massiver Kritik aus dem demokratischen Lager am Einmarsch ist Außenminister Andrej Kosyrew aus der Parlamentsfraktion der Partei „Rußlands Wahl“ ausgetreten. Kosyrew griff den Reformer Jegor Gaidar, den Chef von ,,Rußlands Wahl“, wegen dessen Kritik an der Militäraktion an. Der Minister will als unabhängiger Abgeordneter im Parlament weiterarbeiten.
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