Der Name des Ortsteils Oberstrass hieß früher „Neidegg“. Er kommt vom ersten Hof, der einmal hier gestanden ist und ein stattliches Anwesen war. Vor drei Jahren wurde er leider abgerissen. Er hatte einen herrlichen Dachstuhl aus dem Jahre 1706.
Der Hof war sehr alt und hieß mit vollem Namen „Neidegg auf dem Bühel“, und ein „Buhelaer“ kommt schon im Stamser Stiftsurbar aus dem Jahre 1292 vor, weiters eine „Metze diu Pühlerin“ im landesfürstlichen Steuerverzeichnis von 1312.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wuchs aus diesem Einzelhof eine kleine Siedlung. Und weil die Ausdehnung auch gegen die Unterstrass erfolgte, legte man die Abgrenzung gegen jenen Ortsteil so fest, dass alle Häuser westlich des Plattnerhofes und des Hallerhauses zur Oberstrass gehören.
Bis zu den Jahren 1955, 1956 war das westlichste Haus der Oberstrass der Falknerhof. Dann begann man die ersten Häuser der Mooswaldsiedlung zu bauen, die heute weit mehr als hundert Haushalte umfasst.
Die ursprüngliche Kapelle stand nahe der Brücke über den Sturlbach. Ob sie die erste des Weilers war, darüber gibt es derzeit keine Quellen. Sie wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, wie eine Jahreszahl am Außenfresko besagt, das 1756 gemalt wurde. 1979 begann man mit der Straßenerweiterung durch Obsteig und die Kapelle war dem neuen Verlauf im Wege und musste abgerissen werden. Man beschloss aber, eine neue mit genau den gleichen Maßen und dem gleichen Aussehen an einem anderen Ort zu errichten. Und man wählte dazu einen sehr schönen Platz unterhalb des Falknerhofes. Diese neue Kapelle wurde im Jahr 1982 eingeweiht.
Bauherren waren einerseits die meisten Bewohner der Oberstrass, andererseits aber auch Haushalte der Mooswaldsiedlung. Mit freiwilligen Arbeitsschichten leisteten viele ihren Beitrag und es waren auch Maurer, Tischler und Zimmerleute, die ihre Facharbeit zur Verfügung stellten.
Kosten verursachten vor allem die Ablösung und Wieder-Anbringung der Fresken, die Restaurierung des Altars und der Kreuzwegbilder und das Material. Insgesamt kostete die Kapelle 614.000 S (44622€).
Zuschüsse kamen vom Land Tirol, vom Denkmalamt und der Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig, ein wesentlicher Teil konnte durch die Grundablöse durch die Bundesstraßenverwaltung aufgebracht werden. Aber auch die Mitglieder der Kapellengemeinschaft leisteten Spenden.
In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es auch eine Initiative, in der Mooswaldsiedlung eine eigene Kapelle zu bauen, und es wurden schon sehr konkrete Pläne geschmiedet. Die Gemeinde kaufte für diesen Zweck 420 m2 Grund von der Agrargemeinschaft. Doch die Konkretisierung dieses Plans zog sich in die Länge und schließlich beschloss man, dass die Antonius Kapelle in der Oberstrass auch jene für die Mooswaldsiedlung sein soll. Und dabei ist es bis jetzt geblieben.
Der barocke Bau ( 660×400 cm) mit 3/8-Abschluss trägt ein Satteldach mit Dachreiter und einer Glocke. Erhellt wird der Raum durch vier Rundbogenfenster (12o cm, je 2 im Langhaus und 2 im Chor.ein Vierpassfenster über dem Eingang und zwei Rundfenster neben der Tür (Durchmesser 20 cm).
Die vier Fenster und das Vierpassfenster tragen Figurenschmuck, angefertigt unter dem Zweiten Weltkrieg von der Firma Zettler in München. Das erste Fenster zeigt den Hl. Isidor. Er war ein Bauer bei Madrid (+ 1130) und führte ein Leben der Arbeit, des Gebetes und der Nächstenliebe. Dargestellt wird er meistens betend, während ein Engel mit weißen Zugtieren sein Feld bearbeitet. Das Fest begeht die Kirche am 15. Mai.
Das zweite Fenster stellt die Hl. Notburga dar. Sie war ein Mädchen aus Rattenberg und auf der nahen Rottenburg und später bei einem Bauern in Eben im Dienst. Gestorben 1313. Sie war eine große Wohltäterin für die Armen und Kranken. Dargestellt wird sie meistens mit einem Milchkrug, einem Schlüsselbund oder einer in der Luft schwebenden Sichel. Ihr Fest begeht man am 14. September. Sie wird als Patronin der Dienstleute, der Bauern, für eine glückliche Geburt und bei Nöten in der Landwirtschaft verehrt.
Das dritte Fenster zeigt die Hl. Theresia. Sie stammte aus der Normandie und trat 1889 in das Kloster von Lisieux (Karmelitinnen) ein. Dort führte sie ein heiligmäßiges Leben, wurde aber schon nach wenigen Jahren von einer schweren Krankheit befallen und starb 1896 im Alter von 23 Jahren. Schon im Jahr 1925 wurde sie heilig gesprochen und vom Papst zur Hauptpatronin aller Missionen ernannt. Im Jahr 1944 wurde sie zudem Patronin von Frankreich. Das Fest der lange Zeit bei uns sehr beliebten „kleinen Hl. Theresia“ ist am 1. Oktober.
Das vierte Fenster enthält die auf dem Lande sehr beliebte Darstellung der Hl. Anna selbdritt.
Sie zeigt Anna, die Mutter Mariens und das Jesukind beisammen. Das Fest der Hl. Anna begehen wir am 26. Juli, das Mariä Namen-Fest am 12. September, Jesu-Feste gibt es sehr viele.
Das Vierpassfenster über dem Eingang zeigt eine Heiliggeist-Taube. Der barocke Altar mit gedrehten Säulen und korinthischen Kapitellen ist reich verziert und trägt im Altarblatt das Bild des Hl. Antonius (88×48 cm). Er trägt das Jesuskind mit der Weltkugel auf dem Arm.
Antonius von Padua wurde in Lissabon geboren, wirkte in Marokko und auf Sizilien und schließlich als großartiger Prediger in Oberitalien. Er war Mitglied des Franziskaner-Ordens. 1231 starb er im Alter von 36 Jahren. Sein Leichnam wurde nach Padua übertragen. Dargestellt wird er oft mit dem Jesuskind auf dem Arm, mit einer Lilie oder – wegen seiner Gelehrsamkeit-mit einem Buch. Das Antoniusfest ist am 13. Juni.
Flankiert wird das Altarblatt von zwei Engelsköpfen und reicher Ornamentik, an der Altarspitze throhnt Gott Vater mit Szepter und Weltkugel. Das Gewölbefresko über deßl. Altar zeigt wahrscheinlich eine Glorifizierung Mariens, eine weibliche Gestalt mit Lilie und einem Blumenkranz. Auf dem Altartisch steht eine sehr nette Darstellung der Gottesmutter mit Jesukind (30×23 cm), von der Decke hängt eine Ewig Licht-Lampe in schöner Silberarbeit.
Die Kapelle besitzt sehr wertvolle Kreuzwegstationen aus ihrer Entstehungszeit.
An der Außenfassade stellt ein Fresko im Giebel einen Schriftblatt haltenden Engel dar. Die Schrift selbst ist sehr verwaschen und daher kaum mehr leserlich. Am unteren Rand des Bildes steht „Hl. Antonius bitt für uns, 1756- 1981″.
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