Freilehen zu Schneggenhausen

700 Jahre Schneggenhausen

400 Jahre Lehensgeschichte

450 Jahre Familiengeschichte Gassler und Föger

„Du wirdest swern, daz du unseren gnedigen Herrn, Herzog Sigmunden, Herzogen zu Österreich und Grafen zu Tirol, und danach seinen Erben getreu, gehorsam und gewertig seiest, seinen Frommen fürderst und seinen Schaden wendest, seine Lehen, wo du die auch wissest und erfahrest, vermeldest, damit die ihm nicht verswigen oder untergedruckt werden, und alles das tuest, das ain Lehensmann seinem Lehensherrn schuldig und gepunden ist, alles getreulich und Ohngefährde.“

(Lehenseid des Paul zu Schneggenhausen)

Familie Gassler als Lehensträger zu Schneggenhausen

1570: Sebastian Gassler wird Lehensträger am Freilehen zu Schneggenhausen.

Verliehen wurde ihm dieses von Erzherzog Ferdinand II, Landesfürst von Tirol. Erzherzog Ferdinand II. wurde als Sohn Kaisers Ferdinand I. in Linz geboren. Standesgemäße Heiratsvorschläge lehnte der Erzherzog ab und heiratete die Augsburger Bürgerstochter Philippine Welser. Diese Ehe hielt er vor seinem Vater zwei Jahre, vor der Öffentlichkeit sogar 19 Jahre geheim. Selbst die Geburt ihrer Söhne Andreas und Karl hielten sie geheim und griffen zu einer List. Sie legten die Neugeborenen als Findelkinder vor die Schlosstüre und Ferdinand nahm die Findelkinder auf. Nach altem römischen Recht erwarb der, welcher ein Findelkind aufnahm, ex lege (per Gesetz) die Vaterschaft für das Kind. Da Philippine Welser nicht in der Kaiserlichen Hofburg in Innsbruck wohnen durfte, ließ Ferdinand II. Schloss Ambras als gemeinsamen Wohnsitz erbauen.

1676: Thomas Gassler im Wasserstreit mit Mötz.

Die Gemeinde Mötz klagt die Nachbarn zu Obsteig, weil diese einen Wasserwaal vom Sturlbach in den Mooswald neu gegraben hatten, und damit ihnen im wahren Sinne Wasser abgegraben hatten. Der Richter Johann Rudolf Schmid in Silz führte einen Vergleich herbei und entschied: Den Nachbarn zu Obsteig sei ab dem St. Veitstag (15. Juni) bis Michaeli ( 28. September) dieses Wasser überlassen, unter der Bedingung, dass die Obsteiger keinen weiteren Waal aufwerfen dürfen. Die Einhaltung dieses Vergleiches geloben, am 27 August 1676 in Silz, Thomas Gassler und 9 weitere Obsteiger. (Tiroler Landesarchiv).

1733: Michael Gassler, Bauersmann am Freilehen zu Schneggenhausen.

Aus dem Waldaufteilungsprotokoll Obsteig 1733:

Aktum Obstaig, den sibenzöchenten Tag Monats Augusti anno Siebenzöchenhundertdreiunddreißig. Haben eine wohl ehrsambe Gemain zu Obstaig , Fünsterfiecht, Thaal und Wald auf besagtem Miembingerperg gelögen, die daselbst befindlichen, und bis anhero erdaiten vier Riedlen miteinander genossenen gemaine Waldungen untereinander in gliebter Giete und Freintschaft, diese Inhabendt, und hirnach specifirierende Feyrstädt und Gieter Ab- und Aufzuthaillen, auch Particularisch voneinander abzusondern sich ainhellig entschlossen.

Das Lehen des Michael Gassler besaß den Haus- und Gutsbedarf an Forstprodukten aus den gemeinschaftlichen Waldungen für eine ganze Feuerstatt und vier Viggeneißlen (Anteilen) an steuerbaren Gütern ( Ackerland und Wiesen) und ein „Eigenes Stuck“, der Kollanger genannt. Zur Berechnung der Anteile wurden Feuerstatt und Güter auf insgesamt 294 Viggeneißlen zusammengezogen, wobei je sechs Viggeneißlen einen Waldteil ergeben sollten, also 49 Waldteile, je Waldungsrevier. Die Berechnung ergab für Michael Gassler insgesamt 10 Viggeneißlen und daher einen ganzen Waldteil und zwei Drittel eines „Rott-Teils“ (Zusammenrottung mehrerer Interessenten, bis sechs Viggeneißlen für einen ganzen Teil erreicht waren), aus den jeweils 49 Aufteilungen pro Waldgebiet. Ein Viggeneißle steuerbarer Grund, entsprach im Durchschnitt etwa sechs Mannmahd oder 28 Starland, das sind ca. zwei ha Kulturgrund. Dieses Maß ist am alten Larchhof historisch nachvollziehbar.

1764: Isidor Gassler zu Schneggenhausen scheint als Proponent für den Bau der Pfarrkirche Obsteig auf.

1765 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen, nachdem der Wirt Jakob Mader am Stifterhof den Grund dafür geschenkt hat, obwohl die offizielle Genehmigung noch ausstand. Das Gubernium von Tirol teilt nach Empfehlung des Stiftungsrates am 21. Juli 1771 mit, „dass der Gemeinde Obsteig die Bewilligung erteilt wurde, die zu kleine Kapelle auf dem Grund des Isidor Gassler abzureißen. Dafür soll eine neue Kirche in erforderlicher Größe, Breite und Höhe, samt Sakristei nahe der Landstraße erbaut werden, jedoch ausschließlich aus Mauerwerk. Das benöthigte Bauholz darf aus dem Gemeindewald entnommen werden.“

1847: Josef Gassler meldet bei der Forsttagsatzung der Gemeinde Obsteig seinen Haus- und Gutsbedarf an.

8 Klafter Brennholz, 6 Lärchen-, 8 Fichtenstämme, 4 Brunnenrohre, 30 Zaunlatten, 10 Klafter Bodenstreu und 4 Klafter Taxenstreu. Diese Anmeldungen waren unter anderem Grundlage für die, auf allerhöchsten Befehl von Kaiser Ferdinand I., im Jahre 1848 durchgeführte Forsteigentumspurifikation und für den Forstservitutenausgleich. Josef Gassler wurde mit fünf anderen Bevollmächtigten, von den Gemeinsleuten von Obsteig gewählt, um die Verhandlungen mit den Kaiserlichen Beamten zum Forstservitutenausgleich zu führen ( Lehnbergwald der Gemeinde Obsteig).

Lehengut des Josef Gassler, wohnhaft Obsteig Hausnummer 87, aufgezeichnet in der Feldmappe 1856.

1867: Franz Gassler (1816 – 1908) und seine Frau Serafine kaufen das Lehen zu Schneggenhausen am 17. Dezember frei.

Der Freikaufspreis (im Zuge der „Lehens Allodialisierung“ unter Kaiser Franz Joseph I) betrug 7 Gulden 1 Kreuzer, plus der Kanzlei – und Verfachungskosten. Franz Gassler war der erste geprüfte Lehrer der Volksschule Obsteig und versah seinen Schuldienst durch 61 Jahre, von 1833 bis 1894. Zudem war Franz Gassler noch Organist, Kapellmeister der 1825 von Thaddäus Scharmer (Klamm) gegründeten Musikkapelle und Gründungsmitglied der Feuerwehr und Brunnenmeister der Unterstrass.

Familie Föger, die Postmeister zu Schneggenhausen

1889: Ingenuin Föger (1858 – 1938), Wirtssohn vom Gasthof Löwen, heiratet Agnes Gassler (1859 – 1897).

Die Tochter von Franz und Serafine Gassler bringt die Poststelle mit auf den Hof und begründet damit den Hausnamen „Beim Postmeister“. Agnes Föger stirbt im Alter von nur 39 Jahren kurz nach der Geburt ihres dritten Kindes. Ihre Schwester Marianna Gassler (1869 – 1949), die „Post Tante“ genannt, zieht 1897 ins Haus ein und zieht die drei Kinder (Josef, Maria und Agnes) groß. Zusätzlich nahm sie noch Luise Thaler, die Tochter ihrer Schwester Nothburga, der ebenfalls früh verstorbenen Wirtin beim Gasthof Stern in Wald in die Familie auf.

Der „Post Tant“ wird hier im Bangert zu Schneggenhausen ihr erster Zieh – Urenkel vorgestellt. Der kleine Toni ist einer von über 70 Nachkommen der Familie Föger, die derzeit in und um Obsteig über den ganzen Globus verteilt leben.

1918: Josef Föger (1891 – 1977) erwirbt die südlich der Straße liegende Hälfte des Gutes „Beim Baur“.

So genannt von den geistlichen Professoren zu Brixen, Alois und Ferdinand Spielmann. Josef Föger verdoppelte auf diese Weise den landwirtschaftlichen Grund seines Hofes.

Infolge eines Blitzschlages brennt in der Nacht vom 23. auf den 24 Juli 1927 das ganze Anwesen beim Postmeister ab. In derselben Nacht bringt Anna Föger ihren Sohn Josef (Pepi) Föger in der Schule Obsteig zur Welt.

1965: Josef (Pepi) Föger (1927 – 2019)

Pepi Föger und seiner Frau Olga ist zu verdanken, dass dieses Haus, das traditionsreiche, historische Freilehen zu Schneggenhausen noch besteht. Im Zuge der Vorbereitungen für den Straßenbau hat Pepi Föger sein Elternhaus unter Denkmalschutz stellen lassen und somit vor dem Abriss bewahrt.

2005: Elfriede Stolz, Tochter des Pepi Föger veräußert die Liegenschaft an die Gemeinde Obsteig.

Elfriede Stolz war es ein Anliegen, das historische “ Freilehen zu Schneggenhausen“ der Gemeinde zu überantworten und es so der Gemeinde Obsteig (BM Gerald Schaber) zu ermöglichen, das für unser Dorf charakteristische Ensemble, Kirche – Widum – Schule – Schneggenhausen nachhaltig zu bewahren.

Elfriede Stolz geb. Föger, Bgm. Gerald Schaber und Gemeinderat Josef Schaller bei der Vertragsunterzeichnung am 13.02.2004.

Schneggenhausen heute

2020: Für die Gemeinde Obsteig entsteht ein lebendiger Dorfkern rund um das Anwesen.

Die Gemeinde Obsteig hat mit dem Erwerb dieses historisch wertvollen Anwesens ein Wahrzeichen von Obsteig erhalten. Es konnte darin sozialer Wohnraum geschaffen und die Tagesbetreuung für Obsteiger Kinder eingerichtet werden. Mit dem Obstgarten steht den Kindern ein wertvoller Bewegungsraum zur Verfügung. Die Obsteiger Vereine und die Dorfgemeinschaft schätzen das Ambiente von Schneggenhausen mit seinem Stadel und dem Obstbangert für viele stimmungsvolle Veranstaltungen. Mit dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Gasthäusern Gasthof Stern und Alte Schmiede, Bushaltestelle, Parkplätzen und SPAR-Markt ist so was wie ein Dorfzentrum entstanden. Die Fassadenrestauration kann 2020 abgeschlossen werden. Weitere dringend notwendige bauliche Adaptierungen sind geplant.

Text: zusammengestellt für die Dorfchronik Obsteig im April 2020 von Toni Riser

Fotos: Johannes M. Faimann

Quellen: Dr. Emil Reisick „Der Raum von Obsteig, Hubert Stecher „Burg Klamm“,
Hubert Stecher Chronik, Tiroler Landesarchiv, Privatarchiv Riserhof, Gemeinde Obsteig.
Anmerkung: Der Name Gassler wurde verwendet wie er auf dem Familiengrab steht,
obwohl in alten Urkunden Gässler, Gaßler, Gahsler und Gassler zu finden ist.

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Quelle: Chronik Obsteig