Mit der Übergabe des Schlüssels für den Hochbehälter der Wasserversorgungsanlage Gschwent an Bürgermeister Hermann Föger bei der (letzten) Vollversammlung der Wassergenossenschaft Gschwent wurde der Zusammenschluss der Wasserversorgungsanlagen der Gemeinde Obsteig und des Weilers Gschwent am 22.02.2022 formell vollzogen: Die Mitglieder der Wassergenossenschaft Gschwent beschlossen einstimmig die Auflösung der Genossenschaft, die Gemeinde Obsteig übernimmt die Anlage, das Vermögen und die rechtlichen Verpflichtungen der WG Gschwent.
<14 von 27 Mitgliedern der Wassergenossenschaft Gschwent warten auf den Bürgermeister …>
(v.l.n.r.: Obmann Klaus Egger, Thomas Matt, Manuel Knoflach-Schrott, Andreas Wiesmann, Carmen Hangl, Gerhard Stecher, Bernhard Knoflach, Peter Knapp, Daniel Kail, Thomas Kail, Daniel Strigl, Jakob und Maria Koch, Gerhard Koch, (Foto: Herbert Krug)
<… der pünktlich zur Versammlung erscheint.>
<Bgm. Hermann Föger, Herbert Krug (Kassier seit 1984) und Klaus Egger (Obmann der WG Gschwent seit 2000)>
<Schlüsselübergabe; Beide haben bald eine Verantwortung weniger: Herbert Krug, der seit 1984 im Ausschuss der WG Gschwent tätig war und Hermann Föger, dessen Amtszeit als Bürgermeister im März 2022 zu Ende geht.> (Fotos: Carmen Hangl)
Die Wasserversorgung in Gschwent
Versuch einer Übersicht
von Herbert Krug
Quellen: Protokollbücher der Wasserinteressentschaft Gschwent-Oberdorf (ab 1970) und der Wassergenossenschaft Gschwent (ab 1994) sowie persönliche Erinnerungen; Text und Fotos: Herbert Krug
Die Begriffe „Oberdorf“ und „Unterdorf“ waren in Gschwent bis knapp vor der Jahrtausendwende selbst-verständlich: Der Weiler war zweigeteilt durch zwei Wasserversorgungsanlagen. Zwei nahe beieinander liegende Quellen versorgten das „Oberdorf“ und das „Unterdorf“.
Bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg funktionierte die Wasserversorgung sehr einfach: Das Wasser eines nahe gelegenen Quellgebietes wurde gefasst und in einen Behälter abgeleitet. Von dort aus gelangte es über eine Leitung (teilweise aus Holzrohren) zu einem öffentlichen Dorfbrunnen. Vom Brunnen holte man das Wasser mit Kübeln ins Haus, das Vieh wurde täglich zum Brunnen zur Tränke geführt, die Wäsche wurde am Brunnen gewaschen.
<Brunnen Gschwent, an der Stelle des jetzigen Dorfbrunnens, ca.1942>
Die Gemeinde Obsteig modernisierte nach dem Krieg (unter Bgm. Josef Granbichler) ihre Wasserversorgung durch den Bau einer Quellfassung im Ursprung (Lehnberg) und einer Wasserleitung in das Dorf.
Der Weiler Gschwent beteiligte sich nicht an diesem Projekt und erhielt von der Gemeinde anstelle des Zuschusses, der für die Wasserleitung ausbezahlt wurde, Tannenbretter für die Befestigung des Ablaufs des Abwassers (Bach beim „Blanschbichl“).
1952 errichteten die Gschwenter „Oberdörfler“ eine eigene, moderne Versorgungsanlage mit Quellfassung, Quellableitung zu einer „Brunnenstube“ aus Beton (ca. 20 m3) und 135 lm Druckleitung (Eternit-Rohre) bis zum „Toumelår“ (Kail). An diese Leitung konnte jedes Haus im „Oberdorf“ angeschlossen werden. Alfred Stecher schaufelte händisch einen ca. 230 m langen Graben von der Brunnenstube bis zu seinem Hof und verlegte die Wasserleitung dorthin auf eigene Kosten. Der Wasserzins (Wasserbenützungsgebühr) der einzelnen Haushalte wurde nach der Anzahl der Wasserhähne, Duschen/Bäder sowie der Großvieheinheiten berechnet.
<Plan und Bassin Oberdorf vor der Abtragung 1997; Von 1994 bis 1997 wurde Gschwent mit diesem Speicher mit Trinkwasser versorgt (Standort: nordöstlich des Hauses Kapferer)>
1961 ersetzten die „Unterdörfler“ ihre 1925 in Eigenregie gebaute Anlage durch eine neue: Quellfassung, Hochbehälter (35 m3), ca. 350 lm Druckleitung (Kunststoff- und Eisenrohre).
<Bescheid der BH Imst 1970 und Wasserbassin Unterdorf ca. 1995 (Standort: „Oagn“, ca. 150 m westlich des Hauses Wiesmann („Lenz“))>
Der Anschluss an das Wasserversorgungsnetz der Gemeinde war mehrmals ein Thema:
1972 beschloss die Wasserinteressentschaft Gschwent-Oberdorf, den Anschluss an die Wasserversorgungsnetz der Gemeinde Obsteig zu betreiben. Diesem Beschluss folgten jedoch keine weiteren Schritte. Es mangelte an notwendiger Einigkeit zwischen Ober- und Unterdorf.
<Protokollbuch Wasserinteressentschaft Gschwent Oberdorf ab 1970>
1987 beantragte die Agrargemeinschaft Fronhausen-Gschwent, die Larchet-Siedlung in Fronhausen an das Obsteiger Wassernetz anzuschließen. Die Wassergenossenschaft Gschwent-Oberdorf fasste einen Beschluss, wonach in diesem Zusammenhang auch über einen Anschluss des Weilers Gschwent an das Obsteiger Versorgungsnetz verhandelt werden solle. Das Vorhaben kam letztlich nicht zustande, die Larchetsiedlung wurde von Barwies aus mit Wasser versorgt.
1980 wurde die Quellfassung des Oberdorfs erneuert. Die Wasser-Interessentschaft Gschwent-Oberdorf wurde 1984 in eine Genossenschaft umgewandelt.
1992 beantragte die Wasserinteressentschaft Gschwent-Unterdorf den Zusammenschluss mit der Wassergenossenschaft Gschwent-Oberdorf. Anlass für diesen Schritt war eine negative Begutachtung der Wasserqualität nach dem Einleiten von Oberflächenwasser in den Hochbehälter der Unterdörfler. Die 1993 durchgeführten Messungen der Quellschüttung ergaben, dass die Quelle „Oberdorf“ den gesamten Weiler mit ausreichender Wassermenge versorgen kann. Dass es trotzdem zu Versorgungsproblemen kam, hatte mit der Dimension des Hochbehälters zu tun: Die gespeicherte Wassermenge reichte nicht aus, die tageszeitlichen Verbrauchsschwankungen auszugleichen.
1994 erfolgte der Zusammenschluss beider Körperschaften. Damit entstand die Wassergenossenschaft Gschwent. Zum Obmann der WG Gschwent wurde Johann Krug, langjähriger Obmann der Wasserinteressentschaft Oberdorf, gewählt. Eine Verbindungsleitung zwischen Ober- und Unterdorf wurde im November 1994 fertiggestellt, die Anlage Unterdorf wurde stillgelegt.
<Verbindungsleitung der WVA Oberdorf und Unterdorf, 1994>
Ein gewählter Bauausschuss der Wassergenossenschaft Gschwent holte Informationen ein, die als Grundlage für eine Entscheidung – entweder Ausbau der bestehenden Anlagen oder Anschluss an das Versorgungsnetz der Gemeinde – dienen sollte. Die Vollversammlung fasste am 14.11.1994 mehrheitlich den Beschluss, die Wasserversorgungsanlage in Gschwent auszubauen.
Ein wesentliches Motiv für den Erhalt der Eigenständigkeit bei der Gschwenter Wasserversorgung war die Annahme, dass die BewohnerInnen des Weilers in Sachen Raumordnung mitbestimmen könnten: Mittels der Vergabe von Wasseranschlüssen sollte die Bautätigkeit im Weiler reguliert werden.
(Anm.: Wie sich später herausstellte, war diese Annahme falsch: Die Wassergenossenschaft muss Anschlüsse vergeben, wenn ein Bauvorhaben behördlich genehmigt ist. Sie hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Wasserversorgung des Weilers sichergestellt ist).
Nach der Planung des Projekts durch das Kulturbauamt Imst und den wasserrechtlichen Verhandlungen begannen Ende November 1996 die Bauarbeiten mit dem Bau des Hochbehälters (60 m3). Die Quelle „Unterdorf“ wurde neu gefasst und in den neuen Hochbehälter abgeleitet. Nach dem Neubau des Leitungsnetzes durch das Dorf wurde auch die Quelle Oberdorf in den neuen Hochbehälter eingeleitet, am 25. April 1997 ging die neue Anlage in Betrieb. Die Anlage „Oberdorf“ wurde stillgelegt.
<Gerhard Stecher und Johann Krug, Baustelle Hochbehälter (Felix Kail und Isidor Maurer, Karl Knoflach und Manfred Wiesmann)>
<Einleitung der Quelle „Unterdorf“ in den Hochbehälter, v.l.n r.: Gerhard Stecher, Matthias Krug, Hannes Stecher, Johann Krug, Erich Kail, 1997>
<Verlegung der Wasserleitung im Dorf>
<Adolf Kapferer und Daniel Strigl; Verlegung der Stromleitung v.l.n.r.: Markus (Baggerfahrer der Fa. Kail), Gerhard Stecher, Isidor Maurer, Johann Krug, Walter Knoflach>
<Die Eigenleistungen der GschwenterInnen betrugen rund 1.200 Arbeitsstunden, (Foto v.l.n.r.: Johann Krug, Karl Knoflach, Peter Knapp, Herbert Krug, Gerhard Stecher, Adolf Kapferer, Walter Knoflach); das Zusammensitzen nach der Arbeit war fester Bestandteil der Baustelle>
<Segnung der Anlage (Pater German Erd) und Einweihungsfest in Gschwent am 07.09.1997>
Die Finanzierung des Projektes (bis 1997), Beträge gerundet:
Ausgaben: ATS 980.000,–
Einnahmen:
+ ATS 97.000,– Eigenmittel der Wassergenossenschaft
+ ATS 374.000,– Beitragszahlungen der Genossenschaftsmitglieder
+ ATS 400.000,– Darlehen der Agrargemeinschaft Fronhausen-Gschwent
+ ATS 109.000,– nicht ausbezahlte Eigenleistungen der Genossenschaftsmitglieder
Förderzusage des Amtes der Tiroler Landesregierung: ATS 190.000,–.
Seit März 2000 ist Klaus Egger Obmann der WG Gschwent, Herbert Krug ist weiterhin für die Kassa- und die Geschäftsführung verantwortlich.
Im Mai 2000 konnte mit Unterstützung der Gemeinde Obsteig (Grabarbeiten, Leitungsmaterial) die Leitung im Bereich des ehemaligen Forstgartens verlegt werden.
<Leitungserweiterung im Bereich des ehemaligen Forstgartens: Fa. Kail und Gemeindebagger (Hermann Thurner)>
2016 beurteilten zuständige Behörden die Wasserversorgung des Weilers Gschwent als nicht ausreichend für die Zukunft. Deshalb würden in Gschwent keine neuen Baulandwidmungen genehmigt. (Anm.: Für viele GschwenterInnen kam dieser Befund überraschend. Der gemessene Wasserverbrauch blieb über die letzten 20 Jahren hinweg sehr konstant: 2002 wurden 7.474 m3 Wasser verbraucht, 2020 waren es 7.511 m3. Mit Ausnahme des „Jahrhundertsommers“ 2003 kam es zu keinerlei Versorgungsengpässen.)
Am 24. März 2017 sprach sich die Vollversammlung der Wassergenossenschaft (einstimmig) für den Zusammenschluss der Versorgungsanlagen Gschwent und Obsteig aus.
Damit verbunden ist die Auflösung der Wassergenossenschaft Gschwent und die Übertragung der Anlage (Quellfassungen, Hochbehälter und Leitungsnetz in Gschwent) sowie der angesammelten Rücklagen an die Gemeinde.
2021 erfolgte der Bau der Wasserleitung von Obsteig nach Gschwent …
<Verbindung beider Wasserleitungen für den Fall einer Notversorgung und Versetzung des Unterflurhydranten für die Löschwasserreserve>
Ab 11.08.2021 wird Gschwent von Obsteig aus mit Wasser versorgt (siehe Beitrag v. 11.08.2021)
Die Wassergenossenschaft Gschwent wurde am 22.02.2022 aufgelöst, die gebildeten Rücklagen (ca. € 50.000,–) gehen an die Gemeinde. Die 1996/97 neu gebaute Gschwenter Anlage (Quellfassungen, Quellschacht, Hochbehälter mit Pumpen-Anlage, ca. 900 m Leitungsnetz im Weiler) wird von der Gemeinde übernommen und bleibt weiterhin erhalten:
- Das Leitungsnetz im Weiler Gschwent wird Teil der Versorgungsanlage der Gemeinde Obsteig.
- Der Hochbehälter (ca. 60.000 Liter, gespeist von zwei Quellfassungen) wird zu einem Löschwasserspeicher.
- Der Hochbehälter kann (bei Bedarf) jederzeit mit dem Versorgungsnetz verbunden werden (Notversorgung).
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