Veränderungen in der Landwirtschaft

Veränderungen in der Landwirtschaft

Die Kulturlandschaft Obsteigs, wie sie sich heute (2002) dem Betrachter bietet, ist weitestgehend geprägt von saftigen grünen Wiesen. Hunderte Hektar Grasland überziehen die landwirtschaflich genutzten Böden.
Es ist unübersehbar, dass in unserer Gemeinde zum Großteil Grünlandwirtschaft betrieben wird und sich das Ackerland nur mehr auf wenige Hektar beschränkt.
Diese Entwicklung hat sich in den letzten etwa dreißig Jahren vollzogen. Die Gründe dafür findet man einerseits in der Grundzusammenlegung, die in den sechziger Jahren durchgeführt wurde, andererseits in der Veränderung der Marktwirtschaft, wie sie seit dem EU-Beitritt entstanden ist und die Bauern mit Vorschriften, aber auch mit bestimmten Förderungen konfrontiert.
Verschiedene Ackerfrüchte anzubauen rentiert sich eben in den kleinen Mengen, wie sie bei uns üblich waren, nicht mehr. Noch vor vierzig Jahren standen 435 ha Wiesen 116 ha Acker gegenüber. Angebaut wurden vor allem Kartoffel, Korn, Rüben, Klee und ein wenig Mais. Die damalige Vielfalt im Landschaftsbild kann man sich heute kaum mehr vorstellen.
Diese Vielfalt war das Ergebnis einer Jahrhunderte dauernden Entwicklung, die mit der Besiedelung unserer Gegend ihren Beginn nahm. Bisher nahm man an, dass die ersten Siedler unseres Gebietes die im 6. Jahrhundert eingewanderten Bayern waren, doch mit der Auffindung eines Schalensteines am Grünberg muss man diese Meinung revidieren, schon in prähistorischer Zeit waren hier Menschen sesshaft. Den Hauptanteil an der Besiedlung haben aber zweifellos die Bayern, sie werden auch die ersten Dorfstrukturen gebildet haben.
Die Bearbeitung des Bodens war äußerst mühselig und wenig ertragreich. Mit einem Hakenpflug rissen die Menschen die Bodennarbe auf und legten in die Rille den Samen. Die Ernte konnte nur wenige Leute ernähren, der Boden gab zu wenig her. Eine leichte Steigerung des Ertrages brachte die Einführung der Dreifelderwirtschaft durch Kaiser Karl den Großen im 8./9. Jahrhundert. Für ein Jahr blieb ein Drittel des Bodens unbebaut, auf dem zweiten Drittel baute man eine andere Frucht als auf dem dritten. Im darauffolgenden Jahr wechselte man die Art der Nutzung. So wurden dem Boden nicht immer die gleichen Nährstoffe entzogen bzw. er konnte sich wieder erholen.
Mit der Einführung des Wendepfluges im 12. Jahrhundert geschah in der Landwirtschaft eine kleine Revolution. Der Boden wurde nicht mehr nur aufgerissen, sondern viel tiefer gepflügt und die Erdscholle umgedreht. Dieses Verfahren brachte ein Vielfaches an Ertrag. Eine viel größere Zahl von Haustieren konnte gehalten werden und die Bevölkerungszahl Europas wuchs in nie dagewesenem Maß.
Das hatte zur Folge, dass sich erst einmal die Siedlungsdichte stark erhöhte und bisher nicht genutztes Brach- und Waldland gerodet und kultiviert wurde und schließlich ganze Scharen von Mitteleuropäern im Osten Europas (Pommern, Polen …) neues Siedlungsgebiet suchten.
Auch die Herrscher in den Alpengebieten, so auch in Tirol vor allem Graf Meinhard II., machten sich dies zu Nutze und siedelten Menschen, die im Tal keinen Platz mehr hatten, in höher gelegenen Gebieten an, womit die Bergbauernhöfe entstanden. Für die Landesherren brachte dies ein Mehr an Steuereinnahmen. Das Tiroler Landschaftsbild, das dadurch entstand, ist bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben. Diese Landschaft pflegten unsere Bauern durch die vielen Jahrhunderte mit großem Einsatz und der Liebe zur Heimat, ihr eigenartiger Reiz ist es, den die Gäste an Tirol so schätzen.
Die Menschen nutzten jede vorhandene Bodenfläche, um den Ertrag ihrer Landwirtschaft zu steigern.
Gerade in Obsteig gaben die lichten Lärchenwälder dazu Gelegenheit. Der lockere Baumbestand ließ genügend Sonne auf den Boden reichen, damit neben dem Holz auch das Gras wachsen konnte. Und dieses Gras wurde einmal im Jahr gemäht. Es entstanden dadurch die schönen und weitum berühmten Lärchenwiesen, wegen derer heute ein beachtlicher Teil des Gemeindegebietes unter Landschaftsschutz steht. Viele der früher in den Lärchenwiesen stehenden Heustädel wurden inzwischen aufgelassen, da lange nicht alle dieser Wiesen mehr gemäht werden. Manche werden heute als Schafweide benutzt. Für die Pflege der Lärchenwiesen gibt es nun Prämien, damit das schöne Landschaftsbild erhalten wird.
Leute, die zu früheren Zeiten fast keinen landwirtschaftlichen Grund besaßen, aber doch vielleicht die eine oder andere Ziege oder ein paar Schafe halten wollten, erhielten die Erlaubnis, in landwirtschaftlich nicht genutzten Gebieten Gras zu rupfen, sie gingen„ins Gröpf“ und wenn sie sehr fleißig waren, brachten sie während der Vegetationszeit doch so viel Futter zusammen, dass sie vielleicht ein oder zwei Tiere über den Winter brachten.

Seit jeher trieben die Bauern während des Sommers die Tiere auf die Almen. Einerseits tat es ihnen gesundheitlich gut, andererseits brauchte man sie während der warmen Jahreszeit nicht zu füttern. Immer schon lagen im Gemeindegebiet Obsteig zwei Almen, der Simmering und der Marienberg.
Die Zeit des Auf- und Abtriebs, die Anzahl der aufzutreibenden Tiere, die Grenzen und die verschiedenen Rechte waren immer genau geregelt. Trotzdem gab es immer wieder Streitereien mit den benachbar1en Alm- oder Waldbesitzern. Daraus sieht man, wie wichtig den Bauern ihre Almen immer schon waren. Im Jahr 1848 bekam Obsteig eine dritte Alm. Damals schenkte der Staatsforst der Gemeinde um einen symbolischen Gulden die Lehnberg-Alm. Obsteig hat damit insgesamt 682 ha Almfläche. Alle drei Almen sind auf Fahrwegen erreichbar. Der Weg vom Zwischensimmering (bis dort hatten die Bundesforste schon früher einen Fahrweg gebaut) auf den Simmering wurde 1962-64 gebaut, jener zur Marienbergalm wurde mit Geldern des Marshall-Plans schon 1951/52 errichtet. Der Lehnbergweg besteht auch schon seit der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Im gesamten Bundesland Tirol werden 550.000 Hektar Almfläche dauernd bewirtschaftet. Es wurden 1994 108.000 Rinder, 2.600 Pferde, 77.000 Schafe und 800 Ziegen aufgetrieben.
Hochgelegene Gebiete wurden aber nicht nur für Alpzwecke verwendet. Weit hinauf gingen auch die Bergmähder, die zwar sehr schwierig zu bewirtschaften waren, aber ein besonders gutes Futter lieferten. Wenn im Tal die Wiesen gemäht waren, ging man für einige Zeit ins Bergheu. Bei dieser Arbeit verwendete man Sensen mit kleineren, kürzeren Blättern, damit man auch das Gras an engen steilen zwischen größeren Steinen oder Felsplatten noch mähen konnte. Das getrocknete Gras brachte man in kleinen Städeln unter und lieferte es dann im Winter mit den Heuschlitten nach Hause. Dieser Transport war oft sehr gefährlich, besonders wenn es eisig war. Oft stürzte ein Schlittenfahrer samt seiner schweren Fracht ab, es gab Verletzte oder gar Tote. Solche Bergwiesen, die zum Teil noch nach dem zweiten Weltkrieg genutzt wurden, gab es vor allem oberhalb von Aschland bis hinauf knapp unter die Handschuhspitze, dann auf dem Arzberg (den Fleck sieht man heute noch sehr gut), im Lehnberg und auf dem Eggenberg (Niß-Mähder, Schrofermahd …).

Große Angst hatten die Bauern vor Trockenheit und Dürre. Wo es genug Wasser gab, gedieh natürlich alles besser als an trockenen Flächen. Um Wasser auf die Felder zu bringen, begannen die Menschen dort wo es möglich war, dieses von den Bächen in Rinnen abzuleiten. Im Vinschgau, im Engadin und im Kanton Wallis sind einige solche Waale schon vor Christi Geburt unter größten Mühen angelegt worden. (Der Name Waal kommt vom lateinischen Wort „aquale „, d. i. „Wässerchen“, das durchrinnende Nass nannte man„ Wasserwasser“, wobei man das erste a hell spricht, das zweite als 0a, also „Bewässerungswasser“.) Auch in Obsteig sind mindestens zwei solcher Bewässerungskanäle bekannt, wenn man auch nicht weiß, wie alt sie waren. Einer davon verlief über Aschland. Er wurde hinter dem Bloder gefasst, durchlief den Wald und führte oberhalb von Aschland hinüber zur Pleißenlehn. Er endete beim „Kuselebrunnen“. Heute noch kann man seinen Verlauf genau verfolgen, der daneben führende Spazierweg hat den Namen „Waalenweg“. Der zweite begann ungefähr dort, wo heute hinter der Siedlung die Brücke über den Sturlbach geht, verlief über den Kreidbichl und hinunter in den Mooswald und hinüber in die Breite. Da das Nass sehr kostbar war, gab es fürr die Waalbenützung genaue und strenge Regeln. Jeder der beteiligten Bauern musste sich haargenau an die vertraglichen Bewässerungszeiten halten. Mit einer sehr großen Waalschaufel konnte man das Gerinne so absperren, dass der Waal genau an der richtigen Stelle überlief und in das Feld des Berechtigten hinunterrann. War die Zeit vorüber, dann musste er diese Schaufel wieder aus dem Boden ziehen. Den Zustand des Waals und die Bewässerungszeiten übenwachte ein eigens dafür bestimmter „Waaler“. Während der Aschlander Waal verhältnismäßig leicht revitalisiert werden könnte, wäre es bei dem in die Breite führenden heute unmöglich. Mit dem Bau der Mooswaldsiedlung und der Grundzusammenlegung in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts sind alle Spuren verwischt worden.

Der größte Schatz des Bauern in seiner Landwirtschaft war das Stallvieh. Früher hielt jeder Hof verschiedene Tierarten. Das heute nicht mehr gang und gäbe ist. An erster Stelle stand (und steht heute noch) die Rinderzucht, weiters hatte man Schweine, Ziegen, Schafe und Hühner, bei denen überall auch die Hähne vertreten waren. Vermögende Bauern hielten sich auch ein oder mehrere Pferde.
Zur kälteren Jahreszeit, wenn die Rinder im Stall gehalten wurden, trieb man sie jeden Tag in der Früh und am Abend zum Tränken an den Dorfbrunnen. Die Brunnentröge waren einst deshalb viel größer als die meisten heute. Jeder Weiler hatte einen solchen und er war die einzige Wasserversorgung, denn es gab keine Hauswasserleitungen.
Einige Stiere wurden in Obsteig gehalten, die die Kühe besamten. Heute holt man dafür einen Tierarzt, der für eine künstliche Befruchtung sorgt. Den Samen dazu bekommt er von einer der Stierbesamungsstationen. Während der Trächtigkeit der Kuh hoffte man meistens, dass sie ein gesundes Kuhkalb bekommt, denn Stiere brauchte man ja nur wenige. Kam trotzdem ein Stierkalb zur Welt, dann „kluppte“ man mit einem eigenen Werkzeug den Hoden ab und machte den Stier so zum Ochsen. Die Ochsen sind einerseits stärker als die Kühe, zum anderen aber viel gutmütiger und ausdauernder als Stiere. Daher konnte man sie gut als Zugtiere verwenden. Ochsenfuhrwerke (oft wurden auch nur Kühe eingespannt) waren vor dem Aufkommen der Traktoren die einzigen Transportmittel. Nach dem Abkälbern war es vielfach üblich, der Kuh ein rohes Ei mit Salz zu geben.
Kühe waren früher etwas kleiner und leichter als die heutigen, sie gaben auch weniger Milch. Um den Fleisch-und Milchertrag zu steigern, begann man vor knapp hundert Jahren mit den Tierzuchtvereinen. Man pflanzte nur gesunde und kräftige Tiere fort und trieb so eine natürliche Auslese. Dies halle zur Folge, dass die Rinder im allgemeinen stärker und schwerer wurden und
sich die Milchleistung und-qualität gewaltig steigerte.
Naturgemäß wachsen einem Rind auch Hörner. Um diese in eine schöne Form zu bringen, hatte man auf dem Hof eigene Spanngeräte, die man den Kälbern um die wachsenden Hörner spannte, um diese schön zu formen. Heute sieht man nur mehr vereinzelt Kühe mit Hörnern, man nimmt sie schon in der Kälberzeit weg und vermindert so die gegenseitige Verletzungsgefahr unter den
wertvollen Tieren. Auch der Mensch kann nicht mehr so leicht verletzt werden. Doch die hörnertragenden Tiere sahen schöner aus.
Wollte man ein Jungrind zu einem Zugtier erziehen, dann ließ man es zuerst einmal angehängt neben einem eingespannten Tier mitgehen und legte ihm später auch ein Kälberjoch auf. Ein Joch war aus Hartholz gefertigt. Früher band man es den Tieren an die Stirn, später lag es auf dem Hals des Rindes.
Vielfach waren Jöcher auch einfach verziert. Ein Halsjoch war meistens für ein Zugpaar gestaltet und hielt die Tiere immer genau im gleichen Abstand zusammen. In der Mitte des Joches war die Deichsel befestigt. Später verwendete man statt dem Joch vielfach auch ein Kummet, wie es die Pferde trugen. Ging ein Jungrind mit den Zugtieren mit, lernte es auch die Befehle des Bauern
kennen.
(,,Hü “ für losgehen, „Wist“ für links, ,,Hott“ für rechts und „Ee“ oder „Brr“ für stehen bleiben). Ein unentbehrliches Gerät zum Führen der Tiere war die Geißel (Peitsche). Sie bestand aus einem biegsam gedrehten Holzstab, an dem eine geflochtene Schnur hing. Am Ende hatte diese Schnur einen Knopf, den „Goaßlschmitz“. Schwang man die Geißel richtig, erzeugte der Schmitz einen Knall. Schon die kleinen Buben übten eifrig damit und waren stolz, wenn sie die Geißel richtig fest zum „Schnöllen“ brachten. Mit Hilfe des Gerätes konnte man die Richtung und Schnelligkeit der Zugtiere steuern. Meist reagierten sie schon auf den Geißelknall und setzten sich in Bewegung, mußte man sie aber heftig antreiben, z.B. wenn es steil aufwärts ging, versetzte man ihnen einen Hieb aufs Hinterteil. Mit einem leichten Streich konnte man sie entweder nach links oder rechts gehen lassen. Es gab Bauern, die die Peitsche aber auch sehr viel und roh einsetzten und damit
den Tieren Angst einjagten und sie quälten.
Kälber ließ man einige Zeit bei der Kuh saufen, und wenn sie ein gewisses Alter erreicht hatten und in der Lage waren, Futter zu fressen, begann man sie „abzuspänen“, dh. sie wurden langsam auf Heu umgewöhnt. Das Euter der Kuh gab noch lange Zeit Milch, dann „stellte man sie galt“, sie wurde nicht mehr gemolken. Dies geschah im allgemeinen so zeitgerecht, dass sie zur Alpzeit keine Milch mehr gab.
Daher standen im Sommer nur wenige Melkkühe im Stall. Diese Gewohnheit änderte sich dann, als es den Bauern möglich war, für Großsennereien das ganze Jahr über Milch zu stellen. Zuerst
wurde viele Jahre an die Sennerei der landwirtschaftlichen Lehranstalt in Imst geliefert, jetzt aber schon lange Zeit an die „Tirol Milch“ in Innsbruck. Erhielt ein Bauer den Vertrag für eine gewisse tägliche Milchmenge (ein so genanntes „Kontingent“), so musste er auf dem Hof bestimmte hygienische Bestimmungen erfüllen und das verlangte oft große finanzielle Investitionen.
Das alles wäre früher undenkbar gewesen. Die Ställe waren nieder und dunkel, die Nebenräume und der gesamte Wirtschaftsbereich Jahrhunderte alt und für derartige Einrichtungen (gekachelte Wände, gefliester Boden, Fließwasser, Belüftung …) gänzlich ungeeignet. Die alten Mauern waren fast immer aus rohen, unverputzten Steinen, manchmal Wände aus runden oder leicht behauenen Balken, die Böden aus Lehm oder Erde. Oft hingen Spinnweben herum, Mäuse und auch Ratten hausten in den engen, dunklen Gängen und Kammern. Solche Zustände konnten sich nur durch
helle, geräumige Neubauten ändern. Bei der Grundzusammenlegung konnten durch großzügige Subventionsgaben des Landes sehr viele Bauernhöfe in Obsteig neu errichtet werden, die alten
(wenn auch malerischen) Häuser und Ställe, die zu einem guten Teil noch aus dem Spätmitte/alter stammten, mussten dafür abgerissen werden.
Die Verwertung der Milch und die Erzeugung von Milchprodukten geschah früher ausschließlich auf dem Hof selbst. Man gab sie den Jungtieren zum Trinken, man kochte sehr vieles aus und mit der Milch, man trank sie sehr viel. Es gab den Unterschied zwischen Voll-und Magermilch. Die Vollmilch war unbehandelte frische Kuhmilch, die Magermilch stellte man durch Entrahmen der Vollmilch her, sie war also nicht mehr so nahrhaft. Ursprünglich entrahmte man die Milch, indem man sie längere Zeit in einem Gefäß an einem kühlen Ort stehen ließ. Da Fett oben schwimmt, konnte man dann die Milch abrahmen, d.h. die oberste Schicht ablöffeln. Später verwendete man die Zentrifugen. Dabei wurde die Vollmilch durch Drehen einer Kurbel geschleudert. Weil das Wasser schwerer ist als das Fett, schleuderte es nach außen und wurde durch ein Rohr abgeleitet, das innen gebliebene Fett durch ein zweites Rohr. So füllte man zwei Gefäße. Das eine mit
Magermilch, das andere mit Rahm.
Wollte man Butter erzeugen, schüttete man den Rahm in den Butterkübel, in dem er direkt zerschlagen wurde, das heißt, das Wasser wurde vom Fett getrennt. Die ersten Butterkübel waren Gefäße zum Stampfen, später kamen Holzkübel mit einer Kurbel auf mit der man den Rahm durch schnelle Drehbewegungen zerschlagen konnte. Es bildeten sich Butterklumpen, das übrig
gebliebene Wasser nannte man Molke. Die Butter wurde in den meisten Fällen in kleine verzierte Holzkistchen gedrückt, die so genannten „Buttermodel“, die in schöner Kerbschnitzerei meist
religiöse Motive zeigten. Jede Bäuerin war auf ihre Buttermodel stolz.

 

Die Weidezeit im Freien beginnt für das Vieh meistens Anfang Mai, wenn schon etwas Gras steht. Mit Maibeginn wird der Hirte angestellt und der betreut die Tiere auf der Hutweide. Das Vieh
grast dann zuerst an den Waldrändern rund um die eingezäunten Felder. Bei Fortschreiten der
Vegetationszeit kann es auch etwas höher aufgetrieben werden, wie z.B. das Simmering-Vieh in den Zwischensimmering. Das Marienberg-Vieh hat zu dieser Zeit das Weiderecht auf dem
,Vorberg ‚ zwischen Barwies und dem Arzkasten. (Früher war dieses Weiderecht so eingeteilt, dass das Barwieser Vieh und das von See vom Barwieser Kohlplatz bis zum Grabenzaun und das
Fronhausener und Gschwenter Vieh von dort bis zum Kohlangerle weiden durfte. Im Stamser Wald weideten zweimal die Woche die Obsteiger Heimkühe. Der Termin für die eigentliche Almauffahrt ist für beide Almen der 24. Juni. Zur Weidezeit tragen die Tiere Glocken, die um den Hals
geschnallt werden. Zum einen sind dies handgeschmiedete Schellen, die eher dumpf klingen, zum anderen aus Bronze gegossene Glocken, die hell tönen, so genannte „Singesen“. Je größer die
Schellen, desto tiefer ihr Ton. Jungtiere tragen kleine, hoch klingende „Schallelen“ oder
„Singeslen“. Viele tierliebende Bauern erkennen schon von weitem ihr Vieh am Klang der
Glocken. Es kommt immer wieder vor, dass Touristen versuchen, ein solches Geläute zu stehlen, sozusagen als „Souvenier“ aus Tirol.
Bei der Marienbergalm liegt höher gegen die Handschuhspitze noch die Schafalm, die schon
früher bestoßen Herden kann.
Es ist genau festgelegt, welche Tiergattungen auf einer Alm weiden können und wieviel Tiere
aufgetrieben werden dürfen.
Der Almsommer ist für das Vieh eine Zeit, in der es Gesundheit und Widerstandskraft stärken
kann.
Es gibt aber auch Zeiten, in denen der Sommer nass und kalt verläuft und nicht selten kommt es vor, dass es droben auch stärker schneit. Für diese Fälle hat der Hirte das Recht der „Schneeflucht“. Er darf die Tiere hinunter in Gebiete treiben, in denen weniger Schnee liegt und die nicht mehr zur eigentlichen Alm gehören, aber nur so lange wie unbedingt notwendig.
Spätestens gegen Ende September wird das Almvieh wieder abgetrieben und verbleibt noch eine Weile bei der Heimweide.
Schenkt man den Texten der unzähligen Almlieder Glauben, so meint man, das Almleben sei nur
schön, frei und romantisch. Doch die Wirklichkeit sieht für den Hirten ganz anders aus. Er hat eine sehr große Verantwortung für die ihm anvertrauten Tiere, er muss ihnen täglich nachgehen, sie vor Gefahren schützen, ihren Gesundheitszustand kennen und hat an jedem Tag bei jedem Wetter viele Stunden Marsch zurückzulegen. Kommt der Bauer auf die Alm, so sollte er ihm sagen können, wo sein Vieh steht und wie es ihm geht. Zum Hirtenlohn kommen heute auf beiden Almen als Zubuße Einkünfte aus der Bewirtschaftung der Hütten als kleine Gastbetriebe.
Um Gefahren und Krankheiten zu bannen, ging früher in jedem Sommer ein Geistlicher mit einem Ministranten auf die Alm und segnete sie und das Vieh. Da mittlerweile auf beiden Almen kleine Kapellen stehen, wird bei ihnen jedes Jahr eine Messe gefeiert, untermalt von Bläsern oder Sängern und anschließend ein Almfest veranstaltet.
Die Anzahl der Vieh haltenden Höfe ging nach dem zweiten Weltkrieg langsam, aber stetig zurück. Vor allem in der Ober-und Unterstraß gab es viele Nebenerwerbsbauern, die nach und nach ihre Ställe leer stehen ließen und ihre Felder verpachteten. Die Anzahl der Rinder im Gesamten ist damit aber nicht gesunken.

 

 

<Scan-Fehler im Folgenden noch nicht korrigiert>

Einen großen Einschnitt in die Obsteiger Landwirtschaft brachte die Grundzusammenlegung in
den sech:;iger Jahren. Ziel dieses Projektes war, aus zahllosen kleinen Parzellen einer geringere An;ahl größerer :=u schaffen, die dann viel rationeller bewirtschaftet werden konnten.
Selbstverständlich konnte man den Grundbesitz eines Bauern nicht 1: l auf den Quadratmeter
genau wieder neu :=uteilen. Daher schuf man ein Punktesystem der Bodengüte. Je nach Lage und Bodenbeschaffenheit bekam jede Par=elle eine Anzahl von Gütepunkten und der neu =ugewiesene
Grundbesit= sollte der gesamten Punkteanzahl des alten ungefähr entsprechen.
Schubraupen begannen die Böden =u planieren, damit sie von Traktoren befahren werden konnten, Senken wurden aufgeschüttet und Hügel abgetragen, Hecken gerodet und Wasserstellen
trockengelegt, alle Wege und Zäune aufgelassen und neue Wege angelegt und auf diese Weise eine gan= andere Landschaft gestaltet, die in großflächige Parzellen eingeteilt wurde. So hatte nun der Bauer viel Feld auf einem Fleck und brauchte nichL mehr um gewesene Servitute oder
Ourchfahrtsrechte :=11 streiten.
Die Wiesen 11 urden neu eingesät.
Die Landschat 11 urde dadurch aber auch gleichförmiger, eintöniger. Viele schöne Steige
verschwanden für immer, Feldstädel, Hecken und damit auch Vogelarten verschwanden für
immer, kleine Bächlein und Tümpel sucht man vergebens. Die Sommerwiesen, die.früher hunderte Blumenarten trugen, blieben einförmig grün und nicht mehr bunt und damit verschwanden auch viele chmetterlingsarten und Insekten. Nur langsam siedelten sich wieder wenige bunten
Blumenwiesen an.
Trot:;dem kann man sagen, die Grundzusammenlegung wurde auf lange Dauer gesehen ein gutes Projekt für Obsteigs Bauern, denn so kann man heute die Landwirtschaft, die vielleicht noch mehr Bauern aufgegeben hälfen, mit Maschinen effektiv bewirtschaften und die Kulturlandschaft, die
sonst sicher gelitlen hätte, dadurch weiter pflegen. In Frankreich =.B. sieht man schon gan:;e
Landstriche, deren Böden nicht mehr bewirtschaftet werden und die trostlos aussehen.
Die Grund;usammenlegung brachte.für das Dorfbild noch eine weitere Anderung. Weiler wurden aufgelocken und neue Höfe in die Feldlandschaft gebaut. Noch nie sind so viele neue Bauerhöfe entstanden 11 ie damals. Die Städel und Ställe wurden modernen Anforderungen angepasst, die
Wohnhäuser hell und.freundlich gestaltet, mit WCs und Bädern versehen und so geräumig
angelegt, da es den Bauern möglich wurde, Fremdenzimmer zu vermieten. Der Tourismus stieg gewaltig an und wurde :=u einem wichtigen zweiten Standbein.für viele Familienbetriebe.
Durch größere tälle und Städel und die Möglichkeit, Pachtfeld zu bearbeiten konnten nun viele Landwirte mehr Vieh halten als.früher, die Anzahl der Traktoren (im Jahr 1960 waren es genau 20)und der anderen Landmaschinen stieg stark an. Die Ställe wurden mit Tränkanlagen und
Melkmas hinen ausgestallet und Milchräume eingerichtet. Die weitere Entwicklung setzt sich fort: Heute stehen in Ob teig schon einige Laufställe. ach und nach entstanden bei den meisten Höfen ganz neuartige Zubauten: die Silos. In ihnen
konnte Grünfuf/er gelagert und gegoren werden (z.B. Si/omais). Waren es anfangs hohe runde
Türme, so sind der:eir die so genannten „Fahrsilos“ aktuell, liegende Wannen, in denen der Bauer das Silogut mit dem Traktor =ubereiten kann.
Neu hin:::.ugekommen sind vor ca. 30 Jahren auch die Heubelüfiungsanlagen, so dass man nicht
mehr das gän=liche Austrocknen des Grases auf dem Feld abwarten muss, sondern durch
maschinell er:::.eugten Wind im Stadel den natürlichen Trocknungsprozessfortsetzen kann. Eine
Brandgefahr durch Heuselbstent=iindung kann man dadurch abwehren.
Auch in der Landwirtschaft gilt heute der Grundsatz des rationellen und effektiven Arbeitens. Der Arbeits-und laschineneinsat:::. soll den größtmöglichen Ertrag bringen. Viele verschiedenartige Arbeiten e,fordern viele verschiedene Maschinen und werden so unrentabel. Daher scheint es
vernünftig, dass man sich in gewissem Maße spezialisiert und manche Landwirtschafis::weige auf seinem Hof weglässt.
Hat -wie schon oben envähnt -bisher jeder Bauer jede übliche Haustierart gehalten, so ist dies heute nidll mehr der Fall. Begonnen hat das damit, dass die meisten ihre Schafhaltung aufließen und aus fast allen Höfen die Ziegen verschwanden. Nach und nach sah und hörte man auf vielen Bauernhöfen keine Hühner mehr, in den speziellen Hühnerfarmen konnten die Eier
kostengünstiger produ.::iert werden und um das Haus blieb es sauberer. Durch die Auflassung der Kornäcker ersparte man sich einige Maschinen, Kartoffeläcker müssten auch maschinell
bearbeitet werden, :::.udem sind die Saatgutvorschrifien heute so streng, dass viele Bauern nicht
mehr mithalten können. Und nur für den Eigenbedarf anzubauen, rentiert sich nicht mehr.
So finden wirjet:::.t in Obsteig schon etliche Bauern, die sich auf eine bestimmte
ßewirtschaftungsart spe:::.ialisiert haben. Die einen produzieren Schlachtvieh (Schweine und
Rinder) und vermarkten es auf dem Hof oder auch schon in manchen Geschäften, andere
Milchvieh und verkaufen vor allem Milchprodukte, weitere spezialisieren sich auch auf
hochwertige Rinder:ucht, andere haben nur mehr Pferde im Stall stehen. Brot, Speck, Eier, Würste sind ausge:::.eichnere Produkle, nach denen in der Bevölkerung große Nachfrage besteht.
Eine besondere Art der Bell irtschaftung ist die Erzeugung von biologisch hergestellten
lebensmilleln.
Hier wird vor allem auf jede künstliche Düngung des Bodens verzichtet, der Bauer gibt dem Boden nur das :::.unkk. was er ihm durch die Ernte genommen hat. Er düngt ausschließlich mit Mist und Jauche. Die Arbeit ist aufwendiger, daher das Produkt auch etwas teurer. Viele Leute schwören
auf die gute Qualität der Bioprodukte und zahlen gern etwas mehr dafür. In Obsteig gibt es der:::eit
::wei solche Biobauern, die auf ihrem Hof allerlei Verschiedenes herstellen.
Hai sich al o auf den eirz::elnen Bauernhöfen die Produktpalette und die Verschiedenheit der
Bewirtschaftung \erringert, so ist im Gesamten doch eine gewisse Vielfalt bestehen geblieben.
Eng verbunden mir der I iehhaltung ist die Grünlandwirtschaft, denn sie bildet die Basis für die
Er:::.eugung von Tierfutter, wenn auch allgemein den Rindern Kraftfutter zugefüttert wird. Von der guten Ernährung hängt auch der Ertrag an Milch und Fleisch ab.
Jm allgemeinen konnte eine Wiese zweimal im Jahr gemäht werden. Es gab daneben auch
einschnillige Felder, die Galt-und die Bergmähder. Heute werden einige Wiesen auch dreimal
gemäht.
Der erste Grasschniu ist das Heumahd, der zwerte das Grummet und der dritte der „Pofel“, den man enrweder mähen oder abweiden lassen kann.
Im Frühjahr\ or dem Graswuchs bringt man den Mist auf das Feld. Das war früher eine mühsame Arbeit. Der fi t (der oft sehr schwer war) wurde auf einen Karren verladen, auf das Feld gebracht und dort wieder :::.u Haufen abgeladen. Dann musste er ausgebreitet und mit dem Rücken der
Mistgabel (sie hat im nterschied :::ur Heugabel nicht drei, sondern vier Zacken) fein ::errieben werden. Heute fährt man mit dem Traktor über das Feld und die Arbeit besorgt der Miststreuer. Das 1-/auptwerlceug :::.ur Heuarbeit war die Sense. Sie besteht aus einem Stiel (dem „Garb „) und dem Sensenblall, das gut schneiden sollte. Schneidet die Sense schlecht, bedeutet das die doppelte Arbeit. Daher gab jeder Bauer immer gut auf dieses Werkzeug Acht.
Bevor man mit der \/äharbeil begann, wurde das Blatt gedengelt, und dies auf einem eigens
gebauten Dengelbock. \llan set=te sich auf eine Art Holzbock, in den ein kleiner Eisenamboss eingelassen war, legte die Schneide des Blattes auf dieses Eisen und schlug mit dem
Dengelhammer so auf die Schneide, dass sie zu einer ausreichenden Schä1fe getrieben wurde.
Schon längere Zeit gibt es die Dengelmaschine. Sie hämmert nicht, sondern ist über einen Hebel :::u bedienen. Das ägeb/arr liegt in einer zangenartigen Vorrichtung. Drückt man den Hebel nach
unten, schließt sich diese Zange und presst die Schneide so, dass sie sich dehnt und dabei scha,f wird. Ging man :::ur  1/äharbeil, nahm man auch einen Wetzstein mit. Diesen steckte man in einen
Kumpf, der aus Hol:::, Kuhhorn oder Eisenblech sein konnte, aber wasserdicht sein musste. Vor
dem ersten Sensenschwung wet:::te man die Schärfe des Blattes mit dem Stein sorgfältig zu, darauf steckte man den f J et.:::stein wieder in den mit Wasser gefüllten Kumpf Diese Schärfe hielt einige
Zeit an, dann musste man wieder wet:::en usf Pech hatte der Mäher dann, wenn im Gras ein Stein lag und dieser in die Sense eine Scharte schlug. Dann war es mit der Schneide vorbei und er
musste wieder dengeln gehen.
Beim Mähen wird das Gras so aufgehäuft, dass es so genannte „Roden“ bildet. Daher musste
Jemand hinter dem vfäher nachgehen und es wieder mit der Gabel ausbreiten, damit es besser
trocknen konnte.
Diese Arbeit na1111te man „anbreiten“ oder „anroden“. Manchmal musste man es, um den
Trocknungspro:::ess :::u beschleunigen, vor dem Stanggern oder Heimführen noch einmal wenden. Vor allem, wenn das Wetter nicht gan::: verlässlich war, hängte man das halb getrocknete Gras ::um Trocknen auf. Da=u verwendete man die „Stangger“. Es sind dies Hobpfähle mit vier
Quer!iprossen.
Unten sind sie :::ugespit:::t, damit man sie in den Boden stecken kann. Von alleine ging das nicht, man musste :::uerst mit dem Stanggereisen ein Loch vortreiben. Steckt der Stangger gut im Boden, kann man seine Quersprossen mit dem halbdürren Gras behängen. Nach dieser Arbeit muss man noch das wenige liegengebliebene Gras „ nachrechen „.
/st das Gras :::u dürrem Heu geworden, geht man die Stangger „anbrechen“, d.h. man nimmt das Heu ab und breitet es auf dem Boden aus. Früher kam es oft in einen Feldstadel. Da:::u band man das Heu auf ei11e „Rad/beige“ und führte es zum Stadel. Solche Geräte, die heute schon fast
vergessen sind, waren ::um Transport kleinerer Lasten vielfach venvendbar. Sie hallen ein Rad wie ein chubkarren,
aber keine Wanne sondern einen Boden aus Quersprossen und hinten zum Führen zwei Haltegriffe. Man transportierte Gras, Heu, Kleinholz usw., musste das Transportgut aber bei der ersten und der /et:::ten prasse anbinden. Ein weiteres Transportmittel für kleinere Lasten war das
„ Leitenvagele „, das man heute ab und zu zweckentfremdet als Blumenständer vor einem Haus
stehen sieht. Es ist durch einen Drehring bei der Vorderachse und eine Deichsel lenkbar, durch die am vorderen Ende ein Querhof= geht, so dass zwei Personen ziehen können. Das Gerät ist sehr
leicht. es konnten schon recht kleine Kinder gut damit umgehen.
Wollte man das Heu nach Hause in den Stadel führen, spannte man Zugtiere vor den großen
Heuwagen und fuhr damit aufs Feld. Ein solcher Heuwagen war ein sinnvolles Gerät und ein
Meisterstück des Wagners und des Schmiedes. Zur Aufnahme des Futters war er mit einem
ßreuerboden und .:11 ei nach oben auseinander gehenden liegenden Wänden versehen, die vorne und hinten mit je einem Querhof= verbunden waren. Die Vorderachse war drehbar, die
Hinterachse nicht. Die Hinterräder konnten mit dem „Schrepjholz“ gebremst werden, das durch eine eiserne Dreh pindel an die Räder gezogen wurde.
Die Deichsel Har miuels einer sinnvollen Konstruktion mit der Vorderachse verbunden. Um den Wagenaufbau niclll :::11 überlasten, wurden die Oberkanten der Seitenwände durch die „ luixen“ mit den Radnaben verbunden und so die last auf die Achsen gleichmäßig verteilt. An der
Vorderseite de II agens hing das„ Waagscheit“ und an ihm die Zugvorrichtungfür die Tiere, an der sie eingespannt Hurden. Durch das Waagscheit erkannte man, ob ein Tier weniger :::og als das andere. An der pir.:::e der Deichsel hielten zwei kurze Ketten die Tiere :::usammen (die„ Loufer“). Ging man an da Auladen des Heus, stieg einer als „Fuderfasser“ auf den Wagen. Ihm wurde das Heu heraufgerei hr und er war far den gleichmäßigen Aufbau des Fuders verantwortlich. Der
Wagen dwjte nämlich nicht einseitig beladen werden, denn viele Fuder wurden sehr hoch und so konnte bei schle ht II r egverhältnissen alles umkippen. Richtiges Fuderfassen wolfle gelernt sein. War der Wagen g nug beladen, musste man das Heu niederbinden. Dazu diente der„ Wiesbaum“. Der schlanke Baum Hurde oben in die Mitte des Heus gelegt, dann vorne mit Stricken tief hinunterge:::ogen und schließlich hinten ebenfalls mit Stricken mit aller Kraft niedergebunden, so
dass er unter starker Spannung stand.
So konnte man auf dem Heimweg kein Futter verlieren, das Heufuder wurde nämlich sehr kompakt.
Zu /-lause angekommen, lud man das Heu ab und schöpfte es mit Gabeln auf den Heustock.
Das Futter musste da:::u gan::: dürr sein, denn in einem Heustock kann sich durch feuchtes Heu eine
derartige Hit:::e entwickeln, dass es zu brennen beginnen kann.
Durch die „ chopplöcher“ im Stade/baden kann man dann den Stalltieren das Futter hinunter
werfen.
Heut:::utage kann man die gan:::e Heuarbeit, die früher etliche Wochen dauerte, mit Maschinen und in wesentlich kür:::erer Zeit erledigen. Eine wesentliche Erleichterung brachte schon der
Motormäher . Das Gerät hatte vorne einen Mähbalken mit sich überschneidenden Messern, dann den Motor auf:::wei Rädern und hinten zwei Führungsbügel, mit denen man es bediente. Dann gab
es den Mähbalken, der an den Traktor montiert werden konnte und heute gibt es den Kreiselmäher mit rotierenden scharfen Stahlscheiben. Man kann in kürzester Zeit Flächen mähen, für die man
früher viele Tage brauchte. Anschließend kann man das li?gende Heu mit dem Kräusler auflockern und wenden und schließlich :::u großen Roden aufhäufen. Uber die fährt nun der Ladewagen, der vorne mit dem Pie up“ versehen ist und stopft das Futter zwischen die Seile. Keine Handarbeit ist
..
mehr notwendig. Zu Hause kann das Heu mit dem Heukran, wenn einer vorhanden ist, auf den
Stock gebracht 11 erden.
Jn Feldstädel gibt man heute kaum noch Heu. Mit einem eigenen Gerät können große schwere Heuballen in Plastik gepresst werden. Die lässt man entweder auf dem Feld liegen, bis man sie braucht oder führt sie :::um Hof und lagert sie im Freien. Schön sind diese Ballen in der Natur
nicht, aber sie werden wohl praktisch sein.
Engst verwandt mit dem Gras ist das Korn. Schon in der Jungsteinzeit begann man mit dem Anbau
des Getreides, „enn das damalige natürlich mit dem heutigen nicht mehr gut vergleichbar ist. Aber
es war und ist ein Grundnahrungsmittel der Menschheit, denn es liefert uns das Brot.
Getreideanbau und -ernte war früher mit umfangreichen Arbeiten verbunden. Zuerst musste der
Acker mit dem Pflug wngefahren werden. Da das Korn nicht in Furchen wächst, musste man
daraufhin die Schollen wieder mit der Egge einebnen. Damit streifte man zugleich Unkrautwur::::eln vom Boden. 1 un konnte man den Getreidesamen aussäen. in Obsteig wurden noch vor vier::::ig
Jahren Winterwei:::en, Sommerweizen, Winterroggen, Sommerroggen, Sommergerste und Hafer angebaut. ach der Aussaat wurde noch einmal geeggt und damit der Samen in die Erde
eingearbeitet. Dann konnte das Korn wachsen. Wer heute die Kornäcker mit ihren niederen
Halmen sieht, kann sich kaum vorstellen, wie mannshoch früher das Getreide stand. Früher legte man großen Wert auf das Nebenprodukt Stroh. Seitdem es nicht mehr so viel verwendet wird,
begann man immer niederere Getreidesorten zu züchten.
..
Im August ist Ernte=eit und man sieht heute die Mähdrescher über die Acker fahren. Dabei „frisst“ ein drehendes Gestänge die Halme vorne in die Maschine, in welcher die Körner aus den Ahren
gedroschen und in Säcke abgefüllt werden. In einem weiteren Arbeitsgang wird das Stroh
geschnitten und :::u Bündeln geformt, die von der Maschine hinten ausgeworfen werden. Bei der
Kornernte gibt es also keine Handarbeit mehr. in ein paar Stunden ist ein großer Kornacker
abgeerntet.
Früher dauerte diese Arbeit viele Tage. Man erntete mit der Sichel. Dabei nahm man mit der einen Hand ein Büschel Halme und schnitt sie mit der Sichel in der anderen ab. Ein größerer Büschel
Halme wurde :::11 einer Garbe gebunden und aus mehreren Garben baute man Hocker auf Diese
ließ man einige Zeit auf dem Acker stehen, bis alles durch und durch dürr war. Dann fuhr man mit dem Fuhrwerk auf das Feld undfü?_rte das Getreide heim. Meistens schickte man abschließend noch die Kinder auf das Feld =um Ahrenklauben, damit auch die wenigen liegen gebliebenen
Ahren nicht verloren waren.
Mit harthöl:::ernen Dreschflegeln schlug man daraufhin so lange auf das Getreide, bis alle Körner
aus den Ahren gespnmgen waren. Nach dem zweiten Weltkrieg baute man mancherorts Schuppen,
in denen mechanische Dreschmaschinen arbeiteten. Weil beim Dreschen mit dem Korn auch noch die Spreu (die Grannen usw.) vermischt war, gab man das Dreschgut noch in eine so genannte
indmühle“. Mit einer Kurbel wurde so starker Wind erzeugt, dass die Spreu von den reinen WKörnern geblasen wurde. Das Korn füllte man in Säcke, die Spreu war wertlos und das Stroh
wurde aujbel, ahrt, denn es war vielseitig verwendbar. Man streute mit ihm die Viehstände im Stall ein, in krassen ot::::eiten wurde es sogar verfüttert. Man stopfte es in Überzüge, denn man schlief auf Strohsäcken. \lan deckte vielerorts Gebäude mit Stroh, man verfertigte Strohhüte und gan:::: früher auch trohschuhe. Auch :::um Isolieren und Abdichten wurde es venvendet.
Das Korn gab man Hühnern zum Picken und verfütterte es auch als Krafifutter an die Tiere.
da::::u gab man es in den „Stot::::en“ und stellte diesen in den Barren. Aber den größten Teil brachte man in die Mühle. Die Klammer Mühle war noch nach dem zweiten Weltkrieg in Betrieb. Nachdem sie sich aber mit der Zeit nicht mehr rentierte, wurde sie aufgelassen und die ganze
Mühleneinrichtung leider entfernt. Aus Weizenmehl konnte man Weißbrot, aus Roggenmehl
Schwar::::brot backen. Bei jedem Bauernhof stand ein Backofen und der wurde ein paar Mal im Jahr in Betrieb genommen. Zum Brotbacken wurde der Ofen gründlich eingeheizt. War er heiß genug, wurde die Glut aus dem Ofen gekehrt und das Brot eingeschoben. Wenn es durchgebacken war,
legte man es ;um Auskühlen auf lange Bretter. Im Gaden oder auf dem Dachboden oder an einem anderen Ort, wo \fäuse nicht ::::ukommen konnten, hatte man eine Art Stellage, die „Brotstele“, und
t
in dieser konnte man das wichtige Lebensmittel aufbewahren. Steinhart war es, wenn man es dann aß, darum konnte man es in warmer Milch oder Suppe und in späteren Zeiten im heißen Kaffee
::::uerst aufweichen.
Eine andere f envertung des Mehls war die Erzeugung von Nudeln. Man fertigte zuerst den Teig an und drückte diesen anschließend durch den Nudeldrucker. In eine Bank war ein Schacht aus Hol::: eingelassen, der am unteren Ende mit einem Gitter versehen war. In diesen Schacht gab man den Teig. An einem beweglichen Arm war ein Stößel angebracht, der genau in den Schacht passte.
Diesen drückte man dort hinein und presste so den Teig durch das Sieb. Die Nudeln fielen in eine
darunter gestellte Schüssel.
Ein Getreide besonderer Art ist der Mais, bei uns„ Türken“ bzw. ,, Tirggn“ genannt. Denn ein
weiterer ame für den \llais ist„ türkischer Weizen“. Der Name ist irreführend, denn die Heimat des Türkens ist Süd-und Mittelamerika, wo ihn die Azteken und Mayas anbauten. Er wurde dort so hoch geachtet, dass es eigene Mais-Göttinnen gab. Die spanischen Eroberer brachten ihn in die Alte Welt, wo er vorerst nur als Kuriosum galt. Schließ/ich wurde er aber regelmäßig als
Nahrungsmit1el angebaut, bei uns etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Er gedeiht nicht überall
gleich gut, denn er braucht im Herbst zum Ausreifen noch viel Wärme und Sonne. Die früheren Maissorten, die vornehmlich =ur Gewinnung großer, ergiebiger Kolben angepflan=t wurden, sind
nicht mehr mit dem heute produ::::ierten Silomais
vergleichbar. Die Pflan=e selbst war wesentlich niederer, zudem stand der Körnermais lange nicht so eng wie der Silomais. Für die Aussaat musste man wie beim Getreide zuerst eggen. Um den
Samen in die Erde =u bringen, gab es einen eigenen Stößel mit Zapfen, die an einem Brett
angebracht waren und die man tief in den Boden drückte. In die dadurch entstandenen etwa / O bis J 2 tiefen Löcher säte man je =wei, drei Körner und danach eggte man wieder darüber. Waren die Jungpflan::::en etH a 20 bis 30 cm hoch, dann ging man „pecken „, d.h. man lockerte den Boden mit
einer Haue und entfernte das Unkraut.
Das wiederholten man im Sommer noch einmal. War der Türken ausgereift, entfernte man die
Kolben, die in:wischen eine gelbe Farbe angenommen hatten und brachte sie heim. Die Pflan=en schnill man mit der ichel ab und baute mit ihnen Hocker, damit sie auf dem Feld ausdörren
konnten.
Dann ging es an das„ Tirggn-Ausmachen „. Die Flitschen, die um die Kolben herum waren, riss
man bis auf wenige ab. \llit den darangebliebenen band man einen Knoten, so dass man die Kolben aufhängen konnte. An der sonnigsten Seite des Hauses, meist unter dem Giebel, war das
„ Tirggnghäng·· mir fangen querliegenden dünnen Stangen. Dort hängte man die Kolben auf und ließ sie von der onne durchtrocknen. Im Spätherbst nahm man sie wieder ab und rieb die Körner von den Kolben. Da::::u gab es einen Holztrog, der mit einer dünnen Eisenstange versehen war, die über den gan::::en Trog reichte. An dieser scharfkantigen Stange rieb man die Kolben so, dass alle Körner in den Trogjielen. oder„ Tirggnausmachen“ und das Abreiben waren immer kleine Daneben verlief die Arbeit wie von selbst.
Den Mais konnte man„ brechen“, das heißt zu einer Art Schrot zerkleinern und im „Stot::en“ den Tieren als Kraftfutter geben, er heißt bei uns„ Tirggnbruch „. Man konnte ihn aber auch mahlen lassen und mit dem \;fehl Türkenmus oder Polenta , ,, Plentn“ kochen. Er wurde früher bei uns viel mehr als ahrungsmittel venvendet als heute. Die 8/äller, die man beim Türken-Ausmachen weggerissen hatte, nannte man „ Tirggnflitschn ·‘.
Auch sie hatten ihre Venvendung. Man gab sie wie das Getreidestroh in Säcke, machte also einen

,, Flitschnsack und verwendete sie als Matratze. Man konnte auch (in ganz frühen Zeiten)
Umhänger als Regenschut= aus ihnen machen.
Der heutige Afais wird bei uns nur mehr als Silofutter verwendet. Bei ihm ist nicht mehr die
Gewinnung von Korn, sondern der übrigen Pflanze im Vordergrund. Deshalb wurde er sehr hoch ge=üchtet und steht auf dem Acker viel enger. Zur Verhinderung von Unkraut wird ein
Unkrautvertilgungsmirtel gesprit=t, also erspart man sich das Pecken. Im Frühherbst, bevor er
gelb wird, fährr man mit =,vei Traktoren auf den Acker. Der eine von ihnen hat ein Gerät =um
Zerkleinern der Pjlan=en und ein angebautes Rohr. Durch dieses Rohr schleudert er das Gehäcksel in den Anhänger des =,veiten Traktors, der genau so passend neben ihm fahren muss, damU nichts daneben fällt. euerdings gibt es auch Erntegeräte, bei denen alles durch einen Traktor bedient werden kann. Das \1aisgehäcksel wird dann daheim in den Silo gefallt und als Zusatzfutter
verwendet.
Ein wichtiges und beliebtes Nahrungsmittel ist die Kartoffel, bei uns „Erdäpfel“ genannt. Wie der Mais stammt sie aus Südamerika und kam durch die Spanier erstmals im frühen 16. Jahrhundert auf die Iberische Halbinsel. Sie fand Jahrhunderte lang keine besondere Beachtung und wurde erst Ende des J und Beginn des 19. Jhdts. in Mitteleuropa großräumiger angebaut. Da die Kartoffel
.
sehr stark mithalf, Hungersnöte =u vermeiden, vermehrte sich Anfang des 19. Jahrhunderts die
Bevölkerung und erreichte erstmals wieder jenen Stand, den sie in Mitteleuropa vor dem
Dreißigjährigen hatte (in diesem Krieg dezimierte sich die Bevölkerung auf 2/3 ). Mittlerweile
wurden die Erdäpfel =u einem Grundnahrungsmittel. Damit verlor das Kraut, bisher die
Hauptspeise der Landbevölkerung, sehr an Bedeutung. Bei jedem Haus lag damals ein mehr oder
weniger großer,. Kabesgarten „.
un war durch fast .=11 ei Jahrhunderte die Kartoffel etwas, was jeder Hof anbaute und in Höhen, wo das Korn nicht mehr gedieh, wuchs sie noch sehr gut. Die Fläche der Erdäpfeläcker erreichte noch /960 genau sieben Hektar. Durch die Spezialisierung in der Landwirtschaft und die strengen
Auflagen beim aatgut verschwanden in den letzten zwanzig Jahren immer mehr dieser Acker.
Der Anbau für den Eigenbedarf rentiert sich wegen des teuren Maschinenparks nicht mehr und die wenigen äcke Kartoffelfar die Familie kauft man.
Für den Kartoffelanbau musste der Acker zuerst gepflügt werden. Der Pflug wurde anfangs so gebaut, dass der Pjlugbaum direkt an das Zugtier angebunden war. Später kam der Räderpjlug auf. bei dem das Tier ein Radgestell (,,Gretter“) zog, an welchem dann der Pflugbaum beweglich befestigt war. Der Räderpjlug ist wendiger und leichter bedienbar, die Pjlugrichtung ist besser ein=uhalten. Die Pflugschar war =uerst aus Holz und an ihrer Spitze mit Eisen beschlagen. Erst allmählich kamen die reinen Eisenpflüge auf Mit ihnen konnte man tiefere Furchen =iehen. In die offene Furche legte man die Saaterdäpfel, die vorher so zerteilt worden waren, dass jeder Teil mindestens ei11, =wei „Augen“ hatte.
Aus diesen ,.Augen“ trieb das Saatgut die Wurzel und das Pflänzchen. Mit dem Pflügen der
nächsten Furche wurden die eingesetzten Saatkartoffel der vorigen zugedeckt. Haben sich dann schon starke Pjlan=en gebildet, kam man wieder mit dem Pflug zum „ Häufelen „, man häufte
dadurch bei den Pjlan=en die Erde an. Auch den Kartoffelacker musste man mit der Haue
„pecken … d.h. das !JI..Tautjäten und die Erde lockern. Im Sommer blüht die Pflan=e und bildet kleine, kugelige Friichte, die aber ungenießbar sind. Ist im Herbst das Kartoffelkraut schon bald welk dann schneidet man es ab und verbrennt es nach der Ernte auf dem Acker. überall im Land sah :nan früher die Kartoffelfeuer. Sie machten sehr s?r:rken Rauch.
Die Kartoffel emlete man bei mittleren bis größeren Ackern mit dem Pflug, bei kleinen
„Ackerlen ‚·. wo sich der Einsat= eines Gespanns nicht so rentierte, mit der Haue. Die Knollen
sammelte man mit der Hand auf- es war eine kniende Arbeit- und warf sie in einen Korb oder ein ,, Hol=pe11nele‘.
Dann füllte man sie in Säcke oder warf sie in einen Wagen.
/ich lagerte man sie in einem eigenen„ Erdäpfelkeller“, der möglichst kühl sein sollte, aber wo Schließsie vor dem Frost sicher waren. Denn erfrorene Erdäpfel sind ungenießbar.
Die Kartoffeln Hurden auf alle möglichen Arten zubereitet. Sehr häufig gab (und gibt es noch) die „Sehölfeier“, in der Schale gekochte Erdäpfel, die erst auf dem Tisch beim Essen geschält wurden. In der letzten Zeit hat auch die alpenländische
Gastronomie die Kartoffel wieder mehr entdeckt und bereitet sie auf alle möglichen Arten zu.
Auf dem Bauernhof wurden Erdäpfel auch für Tiere, vor allem die Schweine, gesotten und
verfüttert.
Anbau und Ernte e,jolgen heute dort, wo große Acker liegen, rein mechanisch. Für den Anbau
gibt es die Ser::maschineJiir die Ernte den Vollernter, bei dem man nur mehr die vollen Säcke
händisch austauschen muss. Das Ausgraben und Abfüllen geschieht rein maschinell.
Ein Tierfutter, das man bei uns gar nicht mehr anbaut, ist die Rübe. Vor vierzig Jahren gab es in Obsteig noch -1,./ ha Rübenäcker. Man unterschied zwischen „Rungglen“ (Runkelrüben) und
„ Tuschn „. U ährend die Runkelrüben eine rötliche Farbe hatten, waren die„ Tuschn“ eine
weißliche Rübe.
Auch den Riibenacker musste man „pecken“, um das Unkraut in Schach zu halten. im Herbst ::og man die Rüben aus dem Boden und warf sie auf den Wagen. Daheim kamen auch sie in einen
kühlen, aberfrostfreien dunklen Keller. Zur Verfütterung wurden sie kleingeschnitten. Galten sie auch vornehmlich als Schweinefutter, so wurden sie auch nicht selten gegen den größten Hunger
von den Menschen gegessen.
Schweine konnle man fast mit allem füttern, da sie Allesfresser sind. Wichtig war und ist, dass sie möglichst schnell möglichst viel Fleisch ansetzen. Das Hausschwein ist zwar nicht das erste
Hauslier, das sich der Mensch hielt, doch ist erwiesen, dass schon im 5. Jahrtausend v. Chr. in
Mesopotamien und in Palästina solche existierten. Die Kelten verehrten einen Ebergott, die
Germanen trugen Helme mit Schweinekopfmotiven. In den germanischen Göttersagen reitet der
Gott Freyr auf einem goldborstigen Sonneneber.
Das Ha?sschwein wurde und wird vor allem zur Fleischgewinnung gehalten. Früher machten sich die Männer außerdem aus der getrockneten Harnblase gewöhnlich den Tabaksbeutel und aus der Haut konnte und kann man Schweinsleder gerben. Im allgemeinen hielt man die Schweine in einem kleinen abgegren::ten Teil des Stalles oder in einem kleinen Nebenraum, oft ließ man sie tagsüber
im Hof frei herumlaufen, wo sie sich etwas zum Fressen suchen und sich in der Nähe des
Misthaufens oder in Wasserlachen suhlen konnten. Dementsprechend dreckig sahen sie dann auch aus. Heute hält man sie in relativ sauberen Schweineställen und sie sind deutlich sauberer.
Den Eber nannte man vielerorts „Schwiller“, das Weibchen nach wie vor „Sau“ und die jungen Ferkel die „ Facklen ·‘. Eine Sau, die eben Junge geworfen hat, ist die „Fackelsau“. Bei den
::ahlreichen Viehmärkten wurden meistens auch Jungschweine gekauft, die dann heimgetragen
werden mussten. Wer einen weiten Heimweg hatte, suchte sich daher nicht jene aus, die kräftig und
gesund aussahen. sondern die leichtesten. Dann begann man mit der Mast.
Die Schweine wurden früher nicht so schwer wie heute. Durch gezielte Zucht konnte das
Körpergewicht dann erheblich gesteigert werden. Der allgemeine Schlachttermin war die
Advent:::.eit. Es gab keinen Kühlschrank und keine Kühltruhe, daher wurde die Winterszeit
bevor::ugt, weil das Fleisch in der Kälte länger frisch blieb. Man trieb das Tier in den Hof hinaus und stach es mit dem ‚v/et:::.germesser so in den Hals, dass man eine Schlagader durchtrennte –
heute verwende! man einen Schussapparat. Das auslaufende Blut sammelte man in einem Gefäß, damit man Bluni urst machen konnte. In einem großen Holzbottich (,, Brente „) war siedendes
Wasser, mit einer Kelle schabte man die gröbsten Borsten vom Körper, die schwer ::ugänglichen Stellen rasierte man mit einem eigenen Schaber. Dann wurde das Tier an den Achillessehnen mit dem Kopf nach unten aufgehängt und ausgenommen. Fast alle Innereien fanden eine Verwendung. Der Dünndarm und ein Teil des Dickdarms wurden sorgfältig gesäubert. Der eine wurde als Haut
für die ,.Schüblinge ··(Schweinswurst), der andere für die Blutwurst verwendet.
Zur Weihnacl11s::eit gab es dann einen Schweinebraten, doch der größte Teil wurde der
Konservierung ::ugefiihrt. Diese Konservierung geschah durch Räuchern, bei uns „Selchen“
genannl.
Der ein::ige Ort im !-laus, an dem Feuer gemacht wurde, war die Küche. Sie war auch der ein:::ige Raum, dessen Decke -als Gewölbe -gemauert war. Dort konnte man denn auch den nötigen
Rauch für das eichen er:::.eugen und di_e Gewölbe waren durchwegs kohlschwarz. Ab und :::u weißte man sie mit Kalk. Die Fleischstücke, dre dann zu Speck geselcht werden sollten, rieb man mit
Pökelsal:: und GeH iir::en ein und ließ sie dann einige Zeit in einem Holzscha.ff liegen (,, einsuren“ sagte man da::u). Jede Bäuerin war stolz auf den guten Geschmack, den später der Speck haben sollte. Dann hängte man die Stücke im Küchengewölbe auf Eine Speckseite nannte man „ Bachet „. Und im laufe des Winters wurde öfters besonders viel Rauch in der Küche erzeugt, damit der
Speck schön durchgeselcht und recht haltbar wurde. Um einen besonders guten Geschmack :::u
er:::ie/en, wa,f man H acholder:::weige (,, Krametstauden „) in das Feuer. in der Küche konnte man sich wegen des beißenden Rauches oft fast nicht mehr aujhalten,ja im halben Haus nicht mehr.
Nach einiger Zeit konnte man dann das erste „Bachet“ abnehmen und kosten, wie gut alles
gelungen ist.
Fleischteile, die man :::um Selchen nicht verwenden konnte, schnitt man klein und trieb sie mit einer Kurbel durch die Fleischmaschine (Fleischwolf), um sie noch wesentlich zu verkleinern. Darauf wür:::te man das Kleingehackte und setzte vor die Wurstmaschine einen rohrartigen Vorsatz, über den man einen Dünndarm spannte. Hier hinein trieb man das Gehackte, band die Würste in einer handlichen Länge ab und hängte sie ebenfalls zum Räuchern in das Küchengewölbe. Damit war
fast das gesamte Schwein für das übrige Jahr haltbar gemacht worden.
Alle diese Vorgänge sind heute im wesentlichen gleich wie seit eh undje, aber es geht alles viel
moderner und hygienischer her. Einige Bauern haben einen eigenen Schlacht-und
Fleischverarbeitungsraum, und zu diesen bringen die anderen ihr Schlachtvieh, wenn sie eine
Hausschlachtung vornehmen wollen. Auf fast jedem Hof gibt es heute einen Selchkasten. Man
kann auch das gan::e Jahr über schlachten und räuchern, denn es gibt überall genug Kühlräume und-schränke. Den eigenen, besonderen Geschmack, den die alten Selchküchen dem Speck
vermittelt haben, gibt es allerdings nicht mehr.
Das älteste Haustier ist das Schaf In Kurdistan und im Nordirak wurde es schon neuntausend
Jahre v. Chr. domesti:::iert. Seit jeher züchtete man das genügsame Haustier wegen seines
Fleisches, der Milch und der Wolle. Somit konnten die früher verwendeten Grasstoffe durch
Wollstoffe erseL:::t werden. Hielt man in Mitteleuropa zur Jungsteinzeit eine kleine, leichte Rasse mit aufstehenden Hörnern, das„ Torfschaf‘, so wurden die schwereren Schafe mit starken Hörnern
erst durch die Römer bei uns eingeführt. Heute sind in Tirol im Wesentlichen zwei Rassen
heimisch, das Steinschaf und das Bergschaf
/n der :::weiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das wild lebende Mufflon als jagdbares Tier in manchen Bergregionen erfolgreich angesiedelt.
Wegen seiner großen Genügsamkeit und der Fähigkeit, selbst kargstes Fressen noch erfolgreich :zu venverten, wird das Schaf im Sommer auf den Almen dort gehalten, wo andere Haustiere nicht
mehr genügend ahrungfmden. Auch im Winter braucht es lange nicht so viel Futter wie die
anderen. Daher ist es verständlich, dass vor allem ärmere Landwirte einige Schafe besaßen, wenn
sie sich Rinder nicht vermochten. Als viele Bauernhöfe nach dem zweiten Weltkrieg für immer ihre Tore schlossen, ging in Obsteig auch der Schafbestand zurück. Doch wurde schließlich ein
Schaf=uchtverein gebildet, der das Tiroler Bergschaf züchtet und heute gibt es hier wieder eine
größere Zahl. Im Fn:ihjahr und im Spätherbst haben die Schafbauern das Recht, ihre Tiere rund um das Dorfweiden :::u lassen, dann werden diese auf die Schafalm oberhalb der Marienbergalm getrieben (Handschuhspit=e und Umgebung). Anfang September treibt man sie herunter :::ur
Schafseheid, bei der jeder seine Tiere aus der Herde sucht und ihre Wolle schert, sie werden auch durch ein betoniertes Becken gejagt, das mit einem Bad gegen die Räudekrankheit angefüllt ist, damit sie dagegen immun ·werden. Auf dem Mieminger Plateau gibt es ein oder zwei solcher
Becken. Dann kommen sie wieder auf die Alm. Manchmal müssen sie sich dann schon ihr Futter aus dem euschnee suchen oder sie wandern in tiefer gelegene Gebiete.
Wie schon erwähnt, dient das Schaf als Lieferant für die Wolle. Nach dem Scheren wird sie
gewaschen und getrocknet. Dann kann man sie bei einer Wollverwertungsfirma abgeben und
,. kadatschen ·· lassen.
Früher nahm man da:.u eigene Drahtbürsten und strich die Wolle so lange damit aus, dass sie
keinen Fil::: mehr halfe und nur mehr die schönen glatten Haare übrig waren. Aus diesen konnte man dann mit einem pinnrad den Wollfaden spinnen. Diese Spinnräder waren oft schön verziert und kleine Kunstwerke der Drechslerei. Sie gehörten oft zum Heiratsgut der Bauerntöchter, denn es spannen nur die Frauen, und das meist in der Winterszeit in den Stuben. Oft setzten sich mehrere Frauen aus der Nachbarschaft gemeinsam in eine Stube, unterhielten sich und arbeiteten daneben. das waren kleine gesellschaftliche Ereignisse und Abwechslungen im Alltag.
Heute wird das Tiroler Bergschaf vor allem wegen seines Fleisches gehalten, das an Met:::gereien und Hotels verkauft wird. Die Gastronomie schät=t besonders das Berglamm als Delikatesse.
Vor der Einführung der Landmaschinen gab es auf den Höfen nur Tiere als Zugkrqft. Wie schon
erwähnt, waren es vor allem Rinder, die hier eingesetzt wurden, doch vermögendere Bauern
hielten sich dafür auch Pferde. Um den zweiten Weltkrieg kamen langsam die Traktoren in
Gebrauch. Den ersten in Obsteig hatte der „Mong“ (Sonnweber) in Gschwent, er wurde /937
behördlich :::ugelassen. ach dem Krieg kamen nach und nach einige dazu, und /960 waren es 20 Traktoren. Die ersten dieser, Zuggefährte zogen noch die Wägen, die davor die Tiere :::iehen
mussten, also Leiteniägen mit eisenbesch/agenen Holzrädern. Erst allmählich gab es auch die
Traktoranhänger mit Gummireifen.
Man erkannte, dass die Kraft eines Traktors vielseitig einsetzbar ist und es kamen immer mehr
Zusat:::geräre da:::11, die durch die Traktorwel/e angetrieben werden können. So wird er heute ::um
Mähen, für eilwinden, :::um Heuaujladen, zum Holzspalten und vieles Mehr verwendet und ist vom Hof nicht mehr weg:::udenken. Natürlich sank damit auch die Zahl der Pferde, man brauchte sie
:::um Arbeiten nicht mehr. Aber in den letzten Jahren wurde das Freizeitpferd entdeckt und einige Höfe halren heute dieses edle Tier :::um Reiten, zum ziehen einer Kutsche oder rein :::ur Pferde::ucht. Das Pferd. dfas bei uns ge::iichtet wird, ist der Haflinger. Er ist ausdauernd, genügsam und sehr gutmütig. Hier isr Tirol weltweit führend, Zuchttiere werden in alle Kontinente um sehr teures Geld verkauft.
Früher konnte man in jedem Weiler ständig einige Hähne krähen hören, Hennen gackerten und
scharrten eifrig im Boden. Jeder Hof besaß eine Hühnerschar und die Bäuerin betreute sorgsam ihre„ Pu/feien . „(Hühne1), ,, Piepelen“ (Kücken) und den „Giggeler“(Hahn). Junghennen nannte sie „ ß/alllen ._ Der Ort, wo die Hühner gehalten wurden, war meist der Hühnerstall, aber auf
manchen Höfen hatte man sie auch in einer Steige in der Küche. Wichtig für die Hühnerhaltung waren auch kleine mit Heu oder Stroh ausgelegte Nester, denn dorthin :::ogen sie sich meistens
::urück, wenn sie ein Ei legen wollten. Eier waren und sind wertvolle Lebensmittel und ihre
Konservierung ist heute kein Problem mehr. Früher war dies eher ein Problem, denn vor allem in der warmen Jahres:::eit verdarben sie bald. Deshalb legte man sie in Kalkwasser und stellte das Gefäß an einen kühlen Ort. S blieben sie länger frisch und genießbar. Zum Schlachten hieb man dem Huhn mit einer Hacke einfach den Kopf ab und ließ sie dann „ausgeistern“, d.h. sie flogen
noch einige ekunden kopflos herum, wenn sie nicht festgehalten wurden. Da man das Grillen oder
das elektrische Backrohr noch nicht kannte, wurde das Huhn gesotten, es war eine seltene onntagsmahl::eit.
Heute gibt es nur mehr wenige Bauern, die Hühner halten. Firmen haben gan:::e Hühne,farmen
errichtet, in denen Lausende Tiere oft in nicht tiergerechten Käfigen gehalten werden und entweder als chlachtvieh oder in Legebatterien gehalten werden. Die Qualität des Fleisches und der Eier r
ist dadurch abgesunken. Daher sind vor allem die Eier der fei/au/enden und entsprechend
gefiiuerren Hühner aus einem Bauernhof sehr gefragt, wenn sie auch teurer sind. in Obsteig gibt es, wie gesagt, noch einige wenige solcher Höfe.
Um die Felder vor II eidevieh und Wild zu schützen oder gegen einen Fahrweg ab::usichern, musste und muss man sie ein:::äunen. Die Erstellung oder Ausbesserung eines Zaunes war eine
Frühjahrsarbeit. Das Aussehen und die Art der Anfertigung ist je nach Talschaft verschieden. in unserer Gegend treibt man starke Pfähle in bestimmten Abständen in den Boden und verbindet sie entweder mit dünnen Rundhöl:::ern oder angenagelten Brettern. Oftmals wurden früher die
Rundhöl::er mit Zmmringen „, d. i. dünnen über der Glut gebogenen Fichtenästchen an die Pfähle „
gebunden, aber das tut man schon lange nicht mehr. Auf ganz alten Fotos von Obsteig kann man das noch sehen. Eine Landschaft mit intakten Zäunen macht einen sauberen, netten Eindruck. leider verfallen
heute immer mehr dieser Hol:zäune und werden entweder von Maschendraht oder Elektro:äunen erseL:t. Doch gibt es auch heute noch Bauern, die ihre Zäune gut in Stand hallen und regelmäßig ausbessern.
Ebenso ist es mit den Feldstädeln. Früher waren sie ausschließlich aus Rundhöl:ern erbaut und mit einem Bretterdach gedeckt (Nolpenstadel). Dann kamen daneben die Bretterstädel auf, die in Riege!bauweise errichtet und mit stehenden Brettern verschalt waren. Weil man aber heute das Futter in Plastikballen presst, erübrigen sich die meisten dieser schönen alten Städel und sie
ve,fa/len. Doch einige der Nolpenstädeljindet man bei uns noch.

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Quelle: Gemeinde Obsteig

Orginaldokument: Veränderungen in der Landwirtschaft